Kaum ein Thema hält so viele unterschiedliche Aspekte für die Schulausbildung bereit wie die Solarenergie. Solarprojekte in Schulen eignen sich besonders gut, wie die Praxis zeigt, für interdisziplinäre Projekttage: zur Vermittlung von Themen wie "Energie", "Klimawandel", "Agenda 21" und "politische Rahmenbedingungen für globalen Einsatz von erneuerbaren Energien". Das Thema eignet sich dazu, Afrika den beinahe "vergessenen Kontinent" positiv darzustellen und allgemein wichtige Lernziele an diesem Beispiel zu erreichen.
Da ist der physikalische Aspekt, bei dem es um Funktionsweisen geht, um Wärmemengen und Wirkungsgrade. Je nach Gegenstand können da auch Mathematik, Statistik oder Informatik hineinspielen.
Da sind aber auch die umweltpolitischen, geophysikalischen und entwicklungspolitischen Zusammenhänge: Energieverbrauch, Treibhauseffekt, Kyoto-Protokoll. Die Frage, wie der Süden und der Norden künftig mit Energie versorgt werden kann. Und wie sich der Energiebedarf des Südens heute stillen lässt, ohne alle Wälder kahlzuschlagen.
Und da ist der technische und wirtschaftliche Aspekt: wie kommen wir von etwas, das auf dem Papier schön aussieht, zu einer Technik, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht wird? Und wie kommen wir zu einer Wirtschaft, die nicht Millionen Menschen zu Zaungästen des Wohlstands macht, sondern Lebenschancen für alle bereithält?
Darüber hinaus fördert Projektarbeit Sprachwissen. Schon beim Umgang mit Fachliteratur, spätestens aber beim direkten Kontakt mit Partnerklassen im Süden sind Englisch, Französisch oder Spanisch gefordert. Kurz: kaum ein Thema bietet so viele Aspekte für den Schulunterricht wie die Solarenergie.
Die Akteure, die den Umbau des Energieversorgungssystems von fossilen und atomaren auf regenerativeEnergieträger im wesentlichen vollziehen müssen, sitzen heute in der Schule! Es ist daher sinnvoll, Fragen der zukünftigen Energieversorgung in der Schule zu thematisieren und die Möglichkeiten der solaren Energieversorgung auszuloten. Schülerinnen und Schüler können sich schon heute mit der Leistungsfähigkeit solartechnischer Energiewandlersysteme vertraut machen. Sie können diese Systeme aufbauen und an der Energiewende praktisch mitwirken.
Clemens Krühler, Lehrer, Projektleiter von EDUARD zur Koordination von Solarschulen in Hamburg, Referent der Konferenz "Solarenergie für Afrika", Düsseldorf 2003
Für uns ist besonders wichtig, daß Afrikaner mit Schülern das Thema Solarenergie be- und erarbeiten, dadurch lernen die Schüler, wie in anderen Kulturen an Problemlösungen herangegangen wird. Durch die Begegnung mit Vertretern der Zivilgesellschaft und Mitgliedern von Entwicklungsorganisationen wird die Bedeutung von bürgerschaftlichem Engagement deutlich. Durch die Beschäftigung mit Techniken, alternative Energiequellen zu erschließen, lernen die Schüler spielerisch einen verantwortungsbewußten schonenden Umgang mit den Naturressourcen.
Kein anderes Thema kann diese beiden Elemente - die des Umweltschutzes, der Energiepolitik sowie die Entwicklungszusammenarbeit - so gut miteinander verzahnen wie die Solarenergie. Kein anderes Thema kann gleichzeitig energiepolitische Fragen praktisch nebenbei bearbeiten. Das vorliegende Programm versteht sich als Initiatorzündung, dieses Zukunftsthema Bestandteil des Schulunterrichts werden zu lassen in den dafür geeigneten Fächern.
Uns kommt es also bei diesem Projekt darauf an, daß das interessante und zukunftsträchtige Fachgebiet "Solarenergie" in die Schulen getragen wird, dabei wichtige Aspekte der Kooperation mit den Ländern des Südens in sich aufnimmt.
Wir müssen schneller werden. Wir können nicht so viele Jahre vergehen lassen. Deshalb möchte ich noch mal die Frage stellen: Warum machen wir es nicht über das Schulsystem? Das ist erprobt in Europa - warum soll das nicht in Afrika auch gehen? Die Schulen haben die Aufgabe, die Menschen zu ertüchtigen, in einer guten Weise zu leben. Und dazu gehört einfach, daß man solare Techniken lehrt. Ich habe auch 15 Jahre in der Entwicklung von Photovoltaik mitgearbeitet. Also, das können wir tun - diese Ausbildungsaufgaben durch das Schulsystem. Warum sollen die Leute nur da sitzen, um Geschichte zu lernen? Es soll Teil des Unterrichts werden, Solarenergie zu nutzen. Das ist eine ganz wichtige Aufgabe.
Dr.Dieter Seifert, Erfinder des Parabolspiegel-Kochers SK 14 auf der Konferenz "Solarenergie für Afrika", 2003 in Düsseldorf
Die Zielgruppen sind im wesentlichen SchülerInnen der Sekundarstufe II und der berufsbildenden Schulen, in denen Projektunterricht durchgeführt wird. Zur Zielgruppe gehören aber auch Lehrer, insbesondere im Fach Physik, die dazu eingeladen sind, das Thema "Solarenergie für Afrika" in ihren Unterricht einzubauen. Wünschenswert wäre außerdem die Einbeziehung der Hauptschule mit den Klassen 9 und 10.
Ein Beispiel sind Schullager oder Jugendgruppenlager. Wir haben in der Schweiz Projektwochen, wo Schulklassen Solarkollektoren bauen, z.B. auf ihrem Schulhaus. Das sind wirklich sehr tolle Einsätze, wo die Klasse eine Woche lang die halbe Zeit auf der Baustelle auf dem Dach arbeitet um Solarkollektoren aufzubauen. Die restliche Zeit haben sie Spezialkurse zu Energiefragen. In diesen Lagern wird zum Teil auch gekocht. 2-3 Schüler von der Klasse kochen dann mit uns zusammen das Mittag- oder Abendessen. Da kochen wir dann für 15-25 Personen mittags und abends.
Dr.Michael Götz, Neuchâtel, Schweiz, Gruppe ULOG, Konstrukteur der "rollenden Solarküche", Solarkonferenz Düsseldorf 2003
Partnerschaft bedeutet nicht, dass wir uns etwas für Afrika ausdenken. Partnerschaft fängt für uns damit an, etwas über Afrika, seine Probleme und seine Bedürfnisse zu lernen. Dabei lernen wir zugleich auch mehr über uns und für uns.
Lernen in Partnerschaft kann damit beginnen, ein Unterrichtsthema mit qualifizierten afrikani-schen Referenten zu gestalten. In einer Unter-richtsstunde oder einer ganzen Projektwoche. Heute leben in Deutschland viele Afrikaner mit wissen-schaftlicher oder technischer Ausbildung. Sie können über die Situation in ihrer Heimat aus erster Hand informieren.
Als weiteren Schritt gibt es die Möglichkeit einer Agenda-Solar-Partnerschaft mit einer Schule im Süden. Der direkte Austausch von Informationen unter Jugendlichen verschiedener Kontinente schafft Vertrauen, baut Vorurteile auf beiden Seiten ab und hilft Trugbilder korrigieren.
Solarenergie für Afrika bedeutet auch einen Lernschritt für die Industrienation Deutschland: lernen, dass es nicht immer auf die vermeintlich modernste Technik ankommt, sondern auf Lösungen, die funktionieren und die den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Anwender entsprechen.
Unsere Erfahrungen zeigen: Schülerinnen und Schüler lassen sich von Solarprojekten begeistern. Und oft stecken sie mit ihrer Begeisterung auch ihre Eltern an.
Das Projekt strebt an, an der ökologischen und entwicklungspolitischen Bewußtseinsbildung mitzuwirken. Wir erwarten vom Projekt, daß sich unter den teilnehmenden Schülern ein sensibler, bewußterer Umgang mit erneuerbaren Energien herausbildet. Wir würden begrüßen, wenn durch dieses Projekt in NRW ein Netzwerk von Schulen und (ehemaligen) Schülern entsteht, die sich für Partnerschaften mit Schulen in südlichen Ländern, in Afrika, engagieren.
Wir hoffen, das Projekt wird ein "Selbstläufer". Es gibt Erfahrungen, daß sich Schüler und Lehrer für diese Themen selbst organisieren, die Bereiche vertiefen und weiterhin bearbeiten. Unser Programm kann helfen, diesen Prozeß in Gang zu bringen und den Schulalltag durch eine hochinteressante Dimension - im Einklang mit den Lehrplänen - zu bereichern.
Das Thema Solarenergie und Klimaschutz bietet die Möglichkeit, gerade mit Schulen im Sonnengürtel der Erde zu kooperieren und an einer gemeinsamen, friedlichen Zukunft zu arbeiten. Während hier bei uns bereits eine ausgefeilte Technologie vorhanden ist, gibt es im Sonnengürtel der Erde einen stetig wachsenden Bedarf an umweltfreundlichen Energieträgern.
Clemens Krühler, Lehrer, Hamburg