Solarenergie für Afrika

Konferenz in Düsseldorf vom 4.-6. September 2003

Interview mit einem Deutschen

über seine Eindrücke von Sierra Leone, dem Familienleben , dem Stand der Frauen und dem Umweltbewusstsein dort und seine Erfahrungen als Mann einer afrikanischen Frau

Du kennst das Land Sierra Leone.
Was, meinst du, ist das größte Problem der Menschen dort?

Daß sie keine Arbeit haben. Daß sie vom Lebensstandart her ziemlich unten sind. Das Land ist ziemlich unterentwickelt.
Die Familie meiner Frau hat keine Arbeit. Sie haben kein Geld.

Wie wird dort gekocht?

Die kochen mit Kohle, mit Holz. Die sammeln das.

Warst du mal dabei?

Ich war nie dabei. Ich bin da wie ein König gesessen und wurde gut bewirtet und behandelt.

Hast du gesehen, wie gekocht wird?

Ja. Die Leute haben Holzsscheite aufgestellt, Papier darunter gehalten – das angemacht und darüber gekocht.
Vor dem Haus, nicht im Haus.

Wer sammelt das Holz?

Das sammeln die Frauen und die Kinder. Die Männer machen eigentlich gar nichts.
Die Männer sitzen nur, trinken ihren Alkohol oder rauchen Zigaretten und lassen die Frauen halt arbeiten. Das ist das System von denen da unten.

Ein Mann kümmert sich nicht um die Ernährung der Familie?

Eigentlich nicht. In der Familie meiner Frau habe ich gesehen, daß eigentlich die Frauen die Initiative ergriffen haben.

Wie bewertest du das?

Ich denke halt: Die Männer sind faul und wälzen viel auf die Frauen ab.
Die Frauen kaufen ein, kochen, sammeln Holz, die laufen rum, machen und tun.
Es wird viel auf die Frauen abgewälzt.

Kommen dir die Frauen selbstbewusster vor als hier?

Irgendwo schon. In der Beziehung mit Geld haben die Frauen schon die Macht in der Hand. Also die Frauen haben immer das Geld in der Tasche gehabt und die Männer haben immer versucht, ihren männlichen Stolz zu bewahren und haben gesagt: Hol mal das – hol mal das. Aber die Frauen haben das Geld in der Tasche.
Auf alle Fälle. Das habe ich gesehen.

Was hat deine Frau hier für Probleme?

Sie hat Probleme, deutsche Freunde zu finden, die sie akzeptieren.
Von den Männern her gesehen hat sie schnell Kontakt – sie wird da als Sexobjekt gesehen. Bei Frauen natürlich weniger.
Das hat was damit zu tun, daß ein Mann immer auf die Frau zugeht und vom sexuellen Standpunkt her eine Frau immer die Freundschaft suchen muß, denke ich mal.
Sie hat eigentlich nur afrikanische Freundinnen.
Sie versucht aber schon, sich in die Gesellschaft zu integrieren.

Gibt es ein Umweltbewusstsein in Sierra Leone?

Nein, gar nicht. Die schmeißen den Müll hinter´s Haus. Die schmeißen ihre Sachen auf die Straße.

Hast du Müllkippen gesehen?

Ja, ziemlich große sogar. Und da laufen noch Leute drüber und suchen irgendwelche Plastikflaschen oder irgendwelche Sachen. Das fand ich nicht so toll.

Hast du gesehen, daß auch Batterien einfach weggeschmissen werden?

Nein, habe ich nicht gesehen.

Hast du Akkus gesehen oder Aufladestationen für Akkus?

Nein, habe ich auch nicht gesehen.

Haben Leute Handys in Sierra Leone?

Ja, Leute haben Handys da unten.
10-20% Prozent der Leute, würde ich schätzen.

Welche Leute sind das?

Hauptsächlich nur Männer. Männer in Anzügen. Die laufen ganz europäisch gekleidet herum.

Wie verdienen diese Leute ihr Geld?

Kann ich nicht sagen. Ich glaube, das sind Leute, die mehr oder weniger für die Regierung arbeiten – die auch Geld abschöpfen, das von der UNO oder von wem auch immer, da runtergeschickt werden.
Meine Frau sagt selber, daß es dort unten so gang und gäbe ist, daß solche Sachen falsch laufen. Auch Hilfsmittel oder so, die auch in die falschen Kanäle laufen.
Zum Beispiel, wenn ein Hospital gebaut werden soll, damit den Menschen geholfen wird.
Das Geld wird dann aber für andere Sachen benutzt.
Man kauft sich einen Mercedes dafür oder was auch immer.

Kennst du Frauenverbände in Sierra Leone?

Ich habe keine gesehen. Aber ich denke, die gibt es da.

Denkst du, daß der Zusammenhalt unter Frauen stark ist in Afrika?

Denke ich schon. Also Frauen haben schon eine starke Fraktion da unten.

Wie hast du das gemerkt?

Ich habe das in der Familie gemerkt. Wenn Schwestern oder Cousinen kamen – die haben immer ein Gemeinschaftsgefühl ausgestrahlt.
Die haben sich alle zusammengesetzt, haben nur geredet, geredet, geredet.
Die Männer waren da gar nicht involviert, die haben nur außerhalb gesessen.
Ich bin auch ein Mann und habe auch bei den Männern gesessen, habe ein Bierchen getrunken oder so.

Gibt es in den Häusern dort Küchen?

Sag mal so, ich habe zum Beispiel in Freetown Straßenküchen gesehen, die sind aber mehr oder weniger auf Holzkohlebasis aufgebaut. Irgendwelche Karren, wo unten Holzkohle gefeuert wird und dann ein großer Pott drin ist.
Da wird dann verkauft an die Leute.

Mobile Küchen?

Ja, wie ein Imbiss hier, zum Beispiel.

Und im Haus selbst?

Da gibt es auch eine. Zum Beispiel in der Familie meiner Frau gab es eine. Da wurde aber mit Gas gefeuert. Also, da schließt man Gasflaschen an. Aber wenn die Leute das Geld nicht haben, die Gasflaschen zu kaufen, haben sie natürlich von dem Haus gekocht – ganz klar.

Man isst dann im Haus?

Ja. Es wurde draußen gekocht und im Haus gegessen.
Da haben alle zusammengesessen – natürlich Frauen und Männer getrennt.

Konnten die Leute dort alle englisch sprechen?

Ja, die konnten das.

Wie wurdest du als Weißer angesehen?

Also ich wurde, ehrlich gesagt, sehr gut angesehen. Sehr gut.

Weil du der Ehemann einer Afrikanerin bist?

Nein, ich denke mal nicht. Meine Frau hat mir gesagt, daß in ihrem Land weiße Leute gut angesehen werden. Das liegt wahrscheinlich daran, daß das Land von England unterworfen gewesen ist und kolonialisiert wurde. Und denen das irgendwo beigebracht wurde, den weißen Mann als höher anzusehen.
Das spürt man immer noch.
Als ich bei der Familie gewesen bin, wurde mir nicht erlaubt, irgendwas zu tun.
Alles mussten Kinder machen und die Frauen haben was gemacht. Die Männer haben gesagt: Hey, mach mal das, das, das.
Ich habe gesagt: Ich hol mal was oder so. Aber die wollten das nicht.

Wie sieht die afrikanische Organisation aus?

Die Organisation kommt mehr aus der Familie heraus, denke ich mal.
In Deutschland kommt die Organisation nicht aus der Familie heraus. Da schon.
Da wird alles aus der Familie heraus gesteuert, irgendwo. Also, die Familie hat den Zusammenhalt und da ist viel Hintergrund, daß die Leute gefördert werden.
Also der eine hilft dem anderen in der Familie.
Hier in Deutschland kannst du nicht beim Nachbarn anschellen, wenn du was brauchst. Das ist dort gang und gäbe. Die Leute helfen sich gegenseitig.
Von der Organisation her – aus dem Nichts heraus – was die da haben, ist schon wirklich fortschrittlich irgendwo, finde ich.

Wer ist der Kern der Familie?

Ja, die Frauen. Die sind diejenigen, die die Familie zusammenhalten.

Ist es die Großmutter oder die Mutter?

Es ist die Mutter eigentlich. Die Großmutter ist irgendwie im Hintergrund. Sie wird von der Familie gehegt und gepflegt und ihr wird Respekt entgegengebracht.
Aber ich denke, die Mutter ist der Kern der Familie. Die, die alles regelt.

Sind Frauen eher traditionell oder der modernen Technik gegenüber aufgeschlossen?

Ich würde sagen: Sie möchten gerne der modernen Technik gegenüber aufgeschlossen sein. Sie bekommen ja auch ein paar Sachen mit, vielleicht auch vom Fernsehen her. Die Amerikanisierung greift ja da auch irgendwo über.
Ich würde mal sagen halbe-halbe. Traditionell und dem modernen Leben aufgeschlossen.

Glaubst du, daß die Männer würden sich dagegen wehren, wenn die Frauen durch moderne Technik entlastet werden würden und dann mehr Möglichkeiten hätten, andere Dinge zu tun?

Ich denke schon, daß die Männer sich wehren würden.
Die würden sich wehren. Also, von meiner Seite aus gesehen, würde ich sagen: Die Männer möchten gern den leichten Part haben aber nicht die harte Hand weggeben.

Sie möchten immer noch das letzte Wort haben und irgendwo was bewegen können.
Obwohl sie in manchen Beziehungen dann auch viel der Frau überlassen, aber das dann irgendwo kaschieren. Weil sie es einfach nur leichter haben wollen.

Wie denkt deine Frau über afrikanische Männer?

Schlecht. Meine Frau denkt über afrikanische Männer schlecht – ja.
Sie denkt, daß wir Europäer einer Frau gegenüber zuvorkommender sind und sie mehr anerkennen und ihr mehr Freiheiten lassen. Also sie denkt schlecht über afrikanische Männer.

Wie wurde ihre Entscheidung, einen weißen Mann zu heiraten, von ihrer Familie aufgenommen?

Gut. Ja – sie wurde gut aufgenommen. Wobei ich nicht sagen kann, daß es vielleicht auch vom finanziellen Status aus gewesen ist, weil sie von einer armen Familie kommt.
Soweit habe ich da nicht den Hintergrund. Man kann Menschen ja immer nur vor den Kopf gucken und nicht da rein.
Also ich wurde auf alle Fälle gut aufgenommen und zuvorkommend behandelt.

Kannte deine Frau Entwicklungshelfer, die in Sierra Leone arbeiteten?

Weniger hat sie da Kontakt gehabt.

Woher kommt sie?

Sie kommt aus Freetown. Das ist die größte Stadt in Sierra Leone, die Hauptstadt.
Aber sie hat weniger mit solchen Leuten zu tun gehabt. Sie hat durch Zufall einen deutschen Mann kennengelernt.

Hattest du vorher schon Kontakte zu afrikanischen Menschen?

Nein. Sie ist die erste Frau, die ich aus Afrika überhaupt kennengelernt habe – und mit der ich jetzt zusammenlebe und verheiratet bin.

Kennst du auch andere gemischten Paare?

Ja, kenne ich auch.
Ich kenne 3 Paare – die sind schon seit 7 oder 8 Jahren zusammen.