Solarenergie für Afrika

Konferenz in Düsseldorf vom 4.-6. September 2003

Interview mit Ampofo Aqua aus Ghana

Das afrikanische Netzwerk möchte eine Vermittlung zwischen deutschen Solartechnikern und den Menschen in Afrika schaffen – und diese Vermittlung hier in Deutschland beginnen lassen.

Ja, das stimmt. In diesem Moment müssen wir alle zusammensitzen und die Information beobachten, die von Europäern nach Afrika gegeben werden.

Die Geschichte läuft so: In Afrika haben die Leute das Gefühl, daß sie sofort reich werden, wenn sie nach Europa kommen; Das ist natürlich das falsche Bild.
Wenn die Europäer nach Afrika gehen, zeigen sie erstmal Material - ohne Information. Unsere Leute freuen sich, weil es irgendwas neues ist. Sie wissen nicht warum. Es gibt ja keine Information.

Dann denkt jeder: Ich muß nach Europa!
Wenn sie dann hierher kommen, dann fängt es an: Sie brauchen Arbeit, Integration usw. Die gehen nicht zu deutschen Partys oder so. Die bleiben nur in einer kleinen Ecke.

Manchmal sind sie irgendwo weit abgeschoben im Asylheim – um 5 Uhr der letzte Bus. Was sollen die da machen?
Deshalb denke ich: Die Information muß von vorne herein klar sein. Hier gibt es für Afrikaner keine Möglichkeit, die gebildeteren Leute zu fragen: Was machst du? Was hast du gelernt? Komm vorbei, zeig mir was.
Sie brauchen aber diese Chance und wir auch. Um einfach zu beweisen, daß jeder Afrikaner was hat.

Wenn die Europäer nach Afrika gehen, erzählen sie den Afrikanern genau, wie man Sachen macht – technisch, aber die Europäer sollten auch die afrikanische Kultur lernen, damit sie die Leute verstehen.

Solarenergietechnik kann für afrikanische Dörfer sehr wichtig sein, weil diese über kein Stromnetz verfügen. Wie denkst du darüber?

Ja, das ist sehr interessant. Diese Leute haben ja nicht viel Ahnung vom Strom.
Es ist interessant, wenn die hören: Hinter dem Busch können wir einfach kochen ohne Strom und ohne Kabel.
Diese Stromkabel in Afrika sind nämlich gefährlich. Wenn irgendwo diese Kabel reißen, dann ist es gefährlich.

Mit Solarenergie wissen die Leute: Ah, wir kochen in der Natur!
Das ist wichtig, daß hier lebende Afrikaner sich mit ihren Familien in afrikanischen Dörfern in Verbindung setzen. Da sind die Leute, die Solartechnik brauchen.
Ich würde sagen: Bevor ein Europäer irgendwo hingeht, soll er sich erstmal bei uns melden! Denn wir sind das Update.
Wir wissen genau, was heute in Afrika abgeht, weil wir ständig anrufen zu Hause: Hallo Bruder, was ist los?

Die Europäer haben ein anderes Bild. Das geht nur über den Markt – was kann ich machen? Handys verkaufen oder Giftmüll wegschmeißen? Nur das ist von Interesse.
Wir müssen die deutschen Techniker erstmal treffen. Wir müssen erstmal alles besprechen. Wir können diese Leute auch beraten, damit es keine Gefahr in Afrika gibt, mit diesen Solarenergieprojekten.
Wir müssen auch Fachleute in Afrika haben, wenn Geräte nicht in Ordnung sind und ein oder zwei Birnen geschraubt werden müssen.
Wir müssen den Regierungen in Afrika beibringen, daß sie Leute ausbilden sollen, sonst müssen diese Leute hierher nach Europa kommen. Die Leute in Afrika lassen - aber ausbilden!

Eine deutsche Firma kann auch mal 3 Monate nach Afrika in ein Dorf gehen und da bleiben, mit den Leuten leben. So, wie wir hier mit den Leuten reden.
Und danach können diese Projekte vorbereitet werden durch die Politiker.
Wir müssen uns mit den afrikanischen Botschaften in Verbindung setzen. Sie sitzen irgendwo in Berlin. Sie müssen auch mitmachen.
Dieser Mangel an Information – das ist, was ich meine.

Es gibt die Diskussion, ob Techniktransfer über die afrikanischen Regierungen geht oder über NGO´s. Was meinst du?

Ich muß eines sagen: In jeder Verbindung gibt es einen Mittelpunkt.
Bevor überhaupt deutsche Techniker oder Vereine Projekte an Politiker oder an NGO´s geben – sitzen wir hier und die Firmen gehen von hier aus!

Wir sind informiert, mit unseren Botschaftern, mit dem Auswärtigen Amt und so weiter. Wir müssen erstmal prüfen, wer wirklich qualifiziert ist, das zu machen.
Die Fachleute sitzen hier und auch in Afrika.
Diese Verbindung muß seriös koordiniert werden. Dann haben wir diesen Mangel an Information nicht mehr.

Dann sind die Leute auf dem gleichen Level, wie die Leute hier sind. Die arbeiten alle mit PC und Hightech.
Diese Verbindung muß koordiniert werden durch die Politiker und die Vereine in Düsseldorf, damit wenigstens so eine Verbindung da ist. Wenn irgendwas nicht in Ordnung ist, dann kann man es an einer Stelle melden, um zu fragen: Was ist? Was ist die aktuelle Information?
Das ist für mich immer diese Mangelinformation. Während der Konferenz würde ich mich gerne über dieses Thema unterhalten.

Warum über die Botschaften gehen?

Wir haben alle Kontakt zu den Botschaftern hier. Alle.
Jeder Afrikaner, der hier in Europa lebt, ist bei dem Botschafter gemeldet - weil wir einen afrikanischen Pass besitzen.
Die Botschafter sind für uns Afrikaner die Ansprechpartner in Europa. Die sollen uns normalerweise Information schicken, wenn wir Information brauchen. Die Botschafter wissen alles über die aktuelle Situation in unserer Heimat.

Die Deutschen machen das auch. Wenn irgendwas in New York mit einem Deutschen passiert, dann ist die deutsche Botschaft da.
Unsere Botschafter sollten es genauso machen. Deswegen sind sie hier, und wir sind bereit, uns mit diesen Leuten in Verbindung zu setzen.

Die Botschaften sollten diese Idee unterstützen. Das hilft. Der Botschafter ist der Ansprechpartner, der in seiner Heimat was zu sagen hat – überall, wo er ist. Er muß beim Thema Solarenergietechnik mitmachen und seine Leute in Afrika informieren – weil er das kostenlos machen kann.
Er sitzt in seinem Büro in Berlin und kann Informationen schicken – und die Leute glauben ihm.

Was er an sein Land schickt, sind aktuelle Informationen – jeden Tag. Das ist wie Nachrichten. Trotzdem sind diese Informationen nicht da zwischen unseren Ländern und Europa.
Wenn du was von der Botschaft willst – dann kann das ein Jahr lang dauern.
Weil sie rumsitzen – aber wir sind in Bewegung. Das ist der Unterschied.

Wir sind bereit, diesen Mangel an Information zu verändern.
Die Leute in Afrika haben keine Information. Auch nicht die hier lebenden Afrikaner.

Wie kann man Information unter die Leute bringen?

Wir müssen unsere Leute sammeln. Wir müssen einen Platz haben. Irgendwo, wo man sagen kann: Afrikaner, komm da hin!
Hast du Arbeit? - Nein. was kannst du machen? - Gar nichts. Putzfrau, alles klar.
Guten Tag, Zeitfirma – hier haben wir eine Putzfrau. Verstehst du?

So wird es auch einfacher für die Deutschen. Wir organisieren unsere Leute in diesem System. Die Kulturgeschichte verstehen wir – die deutsche Kultur leben wir auch mit – wir können lesen und schreiben – wir haben Kinder hier – wir arbeiten mit dem PC – wir fahren Autos – genau wie die Deutschen.
Wir sind bereit, die Information an die Leute zu liefern. Wir müssen Treffpunkte haben und müssen Partner haben.

Jeder muß die Chance haben, zu beweisen, was er kann. Wenn er qualifiziert ist, muß er auch einen Platz kriegen. Wenn er keinen Platz im deutschen System kriegt, dann muß er einen Platz bei uns kriegen. Weil – er hat was.
Er kann arbeiten. Er kann was zeigen.
Manchmal ist es Glücksache. Es hat mich ungefähr 20 Jahre gekostet, dieses System hier in Deutschland zu verstehen.

Wenn ein Europäer nach Afrika geht, dann bleibt er 3 Wochen - und dann ist er wieder weg. Welche Informationen hat er? Keine!
Aber wir haben Informationen von beiden Seiten, das heißt: Wir sind automatisch Partner hier. Das ist vielleicht nicht anerkannt – okay, aber vom Lebensstil her sind wir Partner. Wir treffen uns.
Ob die das wollen oder nicht – ich bin hier!

Wir sind hier und haben ein Teil von der deutschen Kultur oder die europäische Art von Leben mitgelebt.
Die Botschafter, die alle 4 Jahre kommen und gehen, die müssen sich unbedingt bei uns melden, weil wir die Dauerbotschafter sind! Wir gehen nie weg. Unsere Kinder sind hier.

Der Botschafter kommt mit seiner Frau und den Kindern. Die kriegen einen schönen Mercedes mit Fahrer.
Er wird mit Dollar bezahlt und nach 4 Jahren geht er wieder woanders hin.
Aber wir bleiben hier. Deshalb sind wir die Dauerbotschafter.

Denkst du daran, auch mit afrikanischen Politikern in Kontakt zu treten?

Nein, nur mit den Botschaftern. Weil die Politiker andere Sorgen haben.
Die Sonne scheint – kein Winter. Die denken anders.
Aber die Botschafter, die hier sind, die wissen genau die Updates in Europa. Mit diesen Botschaftern müssen wir uns in Verbindung setzen.

Wir sind bereit, diese Information an beide Seiten zu liefern. Den Leuten oben und den Leuten unten. Die Leute unten sind die Masse – die 80%, die irgendwo auf der Straße hängen und putzen gehen. Die brauchen die Information.
Wir, das afrikanische Netzwerk, sind bereit, Informationen an beide zu liefern: An die Masse und an die Botschafter.

Du wirst mit deiner Gruppe Musik auf der Konferenz machen.

Ja, ich muß erstmal meine Musik machen. Ich muß mich erstmal vorstellen.
Wenn man mir danach eine Möglichkeit gibt, kann ich über andere interessante Themen reden: Über unser Familienleben hier, über Solarenergie, über die Politik in Europa, über den Lebensstandart hier.

Was denkst du über die Öffentlichkeitsaktionen des afrikanischen Netzwerkes?

Ich weiß, wie schwierig das ist, Afrikanern eine Message zu bringen.
Es ist schwer, weil die Leute nichts wissen. Die sind hier - alles läuft, arbeiten, schönes Leben und das war´s.
Ich zum Beispiel muß weitermachen – weiter mit meiner Musik – der Information – weiter überall mich präsentieren. Bis die Leute merken: ein Afrikaner ist immer da! Ich kann der Einzige sein, den man so kennt.

Wenn ich da bin, habe ich die Möglichkeit, andere Afrikaner einzuladen als Bruder oder Schwester. Und so fängt es an.
Mit meiner Unterstützung kann ich verschiedene Künstlern aus Afrika einbringen. Musiker – Maler – Jongleure – Sportler – Kofi Annan oder wer auch immer. Bei einer Veranstaltung ist die Chance da, alle Afrikaner zu treffen.

Man kann das so sehen: Die eine Seite ist Afrika, die andere Seite ist Europa und ich mache Musik in der Mitte. Da muß so ein Treffpunkt sein und von da aus kann man über andere interessante Themen reden.
Durch diese Veranstaltungen werde ich die Leute sammeln. Gleichzeitig wird die Message auch langsam an die Leute rangetragen.

Wie würdest du deine Arbeitsweise beschreiben?

Jeder Mensch hat einen eigenen Stil, jeder Mensch hat was. Ich habe meine Musik. Ich kann meine Musik alleine machen. Aber es ist auch schön, als Reflex.
Du siehst in den Spiegel und du siehst dich selbst.

Wenn jemand was machen kann, dann muß derjenige zeigen: Ja, ich habe auch etwas. Und ich bin so. Ich gebe denen dann die Chance: Komm, zeig mir!
Wenn man nichts hat, okay. Aber dann muß man es wissen. Dann sage ich: Okay, du hast nichts – aber du kriegst was in dieser Organisation.

Du siehst vielleicht 25 Leute, aber nur 4 sind aktiv. Und die anderen warten schon. Weil sie sehen: Wir sind da! Das ist mein Prinzip.
Ein Versuch – und dann geht es weiter und weiter und weiter. Weitergeben!

Wie siehst du die Situation der Afrikaner hier?

Ich sehe das so: Ein Afrikaner ist woanders geboren – er hat ein anderes Temperament.
Wenn die Deutschen das sehen und hören, dann sagen sie: Nur Afrikaner machen das! Aber was die Deutschen machen ist dann normal. Das sieht man jeden Tag. Das ist auch jeden Tag in den Nachrichten.

Wir Afrikaner leben anders, von unserer Kindheit bis heute.
Wir sind anders erzogen. Genauso werden wir auch groß, in Erwachsenenform.
Aber dieser Kindheitstraum geht nie wieder weg.
Es ist ein großer Unterschied, wenn man mit anderen Afrikanern redet über damals. Die Kindheiten sahen bei jedem anders aus, aber jetzt sind wir hier und verstehen uns.

Für welche Leute macht ihr Musikveranstaltungen?

Das letzte Mal - bei der AWO - war es innerhalb einer Sportveranstaltung.
Ich sehe das so: Einer macht was – lädt mich ein, was zu machen – ich freue mich – und ich mache was. Das ist fifty-fifty. Weil die Sportler in dem Moment gut waren.
Wenn ich bei diesen Leuten bin, fühle ich mich auch wohl – du bist auch gut – so als Mensch. So versuche ich meine Message zu vermitteln.

Wenn jemand mich einlädt, dann beobachte ich: Was macht er? Er macht ja was.
Dann gehe ich hin und mache auch was. Aber wer gar nichts macht, der kann mich nicht einladen – das geht nicht.

Wie bewertest du das Thema Solarenergietechnik?

Es ist erstmal eine Marktlücke für Europa. Für die Firmen hier ist es die Möglichkeit, in Afrika zu investieren – in Ruhe – weil wir sind auch dabei!
Die Konkurrenz ist in Afrika nicht so wie hier. Wenn einer oder zwei anfangen – das wäre schön für uns.

Könntest du dich zum Schluß noch vorstellen?

Ich bin im März 1953 geboren. Ich bin als Musiker nach Deutschland gekommen mit Mustafa Tete Ade durch das Tanzhaus NRW.
Die haben da ein Konzert gehabt und das war schön. Deswegen bin ich hier geblieben und machte meine Musik weiter. Ich bin schon 20 Jahre hier.
Ich komme aus einem Dorf in Ghana.