Harald Schütt: Ja, dieses Problem haben auch wir hier immer wieder: Erstens muss man etwas zu Essen haben, zweitens etwas, um es zu kochen. Drittens muss man daran glauben, das man es auch nächste Woche und nächsten Monat, sogar nächstes Jahr haben wird.
Ich arbeite mit dem Solar Stove Projekt seit 1997 und wir haben damals die Strategie formuliert und verfolgt, Solarkocher zum Mittelklasseartikel zu machen. Zielgruppe sind die Leute, die zwischen 1'500 und 5'000 NamDollar verdienen.
Diese Zielgruppe hat erstens Geld, um die Dinger bezahlen zu können, zweitens meist andere Kochgeräte, die mit käuflichen Energieträgern betrieben werden und kann deswegen durch das Sonnenkochen Geld sparen= den Anschaffungspreis amortisieren, drittens stellen die Mitglieder dieser Zielgruppe role models dar, die hoffentlich andere Leute motivieren, ebenfalls auf SolarKochen umzusteigen.
Es muss chic sein und Statussymbol, solar zu kochen, nicht ein Ding für arme Leute. Wer will schon arm sein oder so angesehen werden? Wir leben hier (leider) in einer Marktökonomie, und unsere VerbraucherInnen sind allen fairen und unfairen Marktetingstrategien ausgesetzt, die die moderne Industriegesellschaft charakterisieren.
Jede Produktion von Solarer Ausrüstung muss sich früher oder später im sogenannten "Markt" behaupten, d.h. man und frau muss sie zu einem Preis produzieren, den die VerbraucherInnen bezahlen wollen und können. Darüberhinaus muss mensch so viele von den Dingern pro Zeiteinheit verkaufen, dass dabei akzeptable Löhne herauskommen.
Es müssen also auch gute Argumente dafür (er)funden werden, warum die Leute überhaupt solar kochen sollen. Da gibt es eine Reihe praktischer Argumente, (Zeitersparnis beim Kochen/Feuerholz sammeln/Abwaschen, Sicherheit, Geschmack etc. Geldersparnis für käufliche Energieträger) und einige typisch marketingmäßige: Status und Ansehen.
Umweltpolitisches Denken ist hier zu wenig verbreitet um darauf eine Marketingstrategie aufbauen zu können.
Technisch und sozial haben Parabolspiegel aus meiner Sicht nur Nachteile:
1.) Schwierig herzustellen. (kleine Toleranzen, teure Maschinen und hoher technischer Standard erforderlich, Materialien zum großen Teil nicht lokal zu beschaffen)
2.) Anstrengend zu bedienen (mensch muss in der Sonne stehen und umrühren)
3.) Keine Zeitersparnis beim Kochen, (mensch muss ständig dabei sein, nachrichten, umrühren etc.)
4.) Risikoreich (mensch, besonders kind, kann durch einen dummen Zufall mit den Augen in den Fokuspunkt kommen)
5.) Sperrig zu lagern bzw umständlich aufzubauen. (viele Leute haben hier kleine Häuser mit kleinen Türen und wenig Platz)
6.) Mensch kann nur in einem Topf zur Zeit Kochen.
7.) Das Hauptnahrungsmittel hier - Mais- oder Hirsebrei - ist ziemlich fest und setzt dem Umrühren großen Widerstand entgegen. Haben Sie schon mal einen Parabolspiegelständer gesehen, der so richtig kräftiges Umrühren von 4 kg Hirsebrei aushält? Wenn ja, wieviel kostet der und wieviel wiegt der?
8.) Speisen können anbrennen, was das Reinigen des Topfes schwieriger machen kann.
Unser Projekt baut deswegen ULOG-Kochkisten.
Harald Schütt: Die kann mensch erwerben bei: The Solar Stove Project at Valombola VTC in Ongwediva bei Oshakati, telefon + fax 065 23 14 63. Private Bag 5516, Oshakati. (Post dauert lange!)
Das Projekt ist noch nicht soweit, dass es wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehen könnte und braucht nach wie vor Unterstützung, besonders im Marketing. Es ist stolz darauf, ein reines Frauenprojekt zu sein, das Jobs für Absolventinnen des örtlichen Berufsbildungszentrums schafft. Neben der reinen SonnenofenProduktion und -Vertrieb betreibt das Projekt auch einen Solar Catering Service, bei dem für Meetings, Konferenzen und sonstige Anlässe solar gekocht wird. Es werden auch gezielt Demonstrationen von Solarem Kochen an strategisch ausgewählten Orten und -Zeiten durchgeführt. Fast täglich wird Brot gebacken, das dann verkauft wird und neben einer kleinen Bar-Einnahme auch einen Demonstrationseffekt hat.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen gedient zu haben.