Solarenergie für Afrika

Konferenz in Düsseldorf vom 4.-6. September 2003

Diskussion auf dem Worringer Platz

mit Wolfgang Scheffler, dem Umweltexperten der Grünen, zu den Auswirkungen der Umweltkonferenzen von Kyoto und Johannesburg, dem Emissionshandel, den Möglichkeiten des Technologietransfers, zur Globalisierung und weiteren Themen

Was haben die großen Umweltkonferenzen in Kyoto und Johannesburg für Afrika bewirkt?

Bei den Industrieländern, die sich ja noch mehr oder weniger in kolonialen oder postkolonialen Beziehungen zu Afrika befinden findet ein Umdenken – zunächst einmal ein zartes Pflänzchen -  statt.

Das hat dann auch mittelbar Auswirkungen auf Afrika, zum Beispiel Afrika vielleicht nicht mehr nur als ein Sammelsurium von Ländern zu sehen, die nur Rohstofflieferanten sind - sondern sie auch ernstzunehmen als Bevölkerung, die bestimmte Interessen hat, die auch Eigenentwicklung in Gang setzen muß. Das sind sicher mittelbare Folgen.

Werden langsam auch die Urwälder als ein Wert gesehen, der geschützt werden soll und auch berechnet werden kann?

Ja, das wird langsam so begriffen.. Wir sehen ja tagtäglich, was da abgeholzt wird – um dann in Europa und Amerika als Exotenholz genutzt zu werden...

Es ist rückwärtsgedacht ein Wert an sich, daß die Urwälder dort stehen bleiben, weil sie ein erhebliches Reservoir sind an Sauerstoffproduktion und CO 2 Vernichtern. Die Urwälder haben eine Riesenfunktion – nicht nur für Afrika selbst, sondern für die ganze Welt. Und das ist eigentlich der Wert. Man würde einen Wald in den USA wahrscheinlich anders bewerten als einen Wald in Afrika: Das liegt daran, daß man den Wald mit einem Kontinent verknüpft, zu dem man bisher sich nicht sonderlich bemüht hat, einen Weg und Verständnis zu finden.

Das Verständnis für Natur hängt auch mit dem Verständnis für die Völker, die dort leben, zusammen. Wenn sie keine Beziehung zu dem Kontinent, zu seinen historischen Gegebenheiten, zu seiner Bevölkerung haben, dann haben sie auch keine Beziehung zu der Natur, die dort ist.

Wie beurteilen Sie die bisherigen Wege, Solartechnik nach Afrika zu bringen?

Der Weg der Entwicklungshilfe ist die übliche „Hilfe zur Selbsthilfe“. Das ist inzwischen schon ein sehr abgelatschter Begriff. Dort Solartechnik einzuführen, um den Bedarf an Holz zu verringern, das ist wohl der entscheidende Punkt.

Das Problem ist aber immer noch, daß wir mit dieser Form immer noch unsere eigenen Technologien exportieren wollen. Besser wäre, daß sich kleine Zentren bilden, wo die Leute mit einer einfachen Solartechnologie bekannt gemacht werden. Das gibt es auch schon im Ansatz. Das sind ganz wenige Organisationen, ganz wenige Programme, die da laufen und auch von Deutschland wird das nicht sonderlich unterstützt.

Normalerweise wird nur die hochtechnologisierte Solarenergie vorgestellt. Das Problem ist, daß wir da noch weit weg sind von einer wirklich ernsthaften Umsetzung von Kyoto und den anderen Vorläufern.

Wir verknüpfen alles mit der Frage: Was nutzt uns das? Besser wäre: Was nutzt es den Leuten vor Ort?

Ich bin bei den laufenden Programmen skeptisch. Ein Beispiel: Ich bin in Genf gewesen, auf einer Veranstaltung zum Thema Umwelt, bei der UNO. Da waren wir eingeladen, weil Düsseldorf Mitglied ist – auf mein Betreiben damals Mitglied wurde – auf dieser IKLAR – das ist eine internationalen Vereinigung von Schritten, die ihre unterschiedlichen umweltpolitischen Aktivitäten bündeln wollen. Und da weltweit in ein Netzwerk rein wollten.

Wenn man dann sieht, wie das Ganze formalisiert wird und wie schnell die Gedanken von der Umwelt weggehen, und zum Umweltnutzen geht - für die Leute, die da jeweils wohnen – dann bin ich sehr skeptisch: Solche Programme wirken nicht. Es sind wunderbare Begriffe und Ideen, die dahinterstecken, aber wenn Sie dann mal die geballte amerikanische Lobby da sehen, die dann loslegt..., die da sitzt, als ein Haufen von 150 Leuten für 3 Städte.

Das war Chicago, San Francisco und eine andere Stadt aus dem mittleren Westen und die kamen mit 150 Leuten an um jede Idee, die da geboren wurde gleich abzuchecken – wie ist das wirtschaftlich nutzbar, wie schadet sie uns und so was alles.

Wir machen das in Europa und vielleicht als Deutsche bisschen weniger. Erstens geben wir weniger Geld für so was aus, zweitens haben wir auch weniger Programme dieser Art. Am Ende machen wir aber das Gleiche. Auch ein deutscher Wirtschaftsminister fragt danach: Was nutzt Entwicklungshilfe?

Ich frage mich: Was ist denn saubere Entwicklung oder sauberes Wachstum?
In Afrika will man doch die Solarenergie nutzen anstelle von Brandrodung oder Holz zum Verbrennen sammeln. Das klingt gut, die Umsetzung ist aber so: Die kriegen eine Technologie von uns da hingesetzt – mit der wir eben in Gelsenkirchen oder in Deutschland wieder Arbeitsplätze retten oder sichern.

Im Prinzip ist das eine gute Idee, da steht aber nicht Afrika im Vordergrund, sondern da steht ja nach wie vor unser Arbeitsplatz im Vordergrund und das ist mein Problem dabei. Wenn man ernsthaft sagen würde: Ich will das in Afrika – dann muß man mal erst von seinen eigenen Problemen und seinen eigenen Vorstellungen abstrahieren - Das machen wir noch gar nicht.

Wir haben doch immer im Hinterkopf, daß wir uns bitte dabei selbst entwickeln wollen und wirtschaftlich besser werden wollen. Deshalb geht Entwicklung nur so langsam ab, daß immer die Hierarchie klar bleibt. Es ist nie die echte Chance da, diese Länder sich selbst entwickeln zu lassen. Die sollen es immer – bitte - unter unserer technologischen Oberaufsicht machen, so daß wir nach wie vor alles im Griff behalten. Das ist für mich noch keine saubere Entwicklung.


Ich glaube nicht, daß wir diesen Ansatz jemals umgekehrt bekommen. Es ist ja nicht nur in Deutschland so, es wird auch in ganz Europa, Amerika und Asien danach gedacht und gehandelt. Von daher muß man vielleicht so realistisch sein und sagen: In irgendeiner Form muß die Wirtschaft beteiligt sein und wenn sie nur der Motor ist und Know-How-Transfer macht. Auch wenn ein anderer und besserer Ansatz sich schön anhört, ist er wahrscheinlich nie zu realisieren. Man sollte schauen, daß man das Eine und das Andere zusammenbringt.

Ich gebe Ihnen da völlig recht. Ich habe Geographie studiert und da ist es so, daß man auch gerade diese Punkte sich genau überlegt. Die reine Lehre wird es nicht geben – es ist utopisch, darauf zu warten. Es gibt sicher einige gut gemeinte Programme dabei und wir sind da ja auch in Deutschland – aus Mangel an dem großen Geld – sicher auf einem ganz guten Weg. Zum Beispiel, daß wir heute nicht mehr nur Regierungen oder regierungsnahe Bereiche unterstützen. Es ist ja allgemein bekannt, daß da das Geld wieder versickert.

Wir nützen inzwischen auch das, worin wir Fähigkeiten haben, also Gruppen vor Ort zu unterstützen - das sind mal kirchliche Gruppen, mal andere weltanschauliche Gruppen, die vor Ort arbeiten und die dann mit Hilfe der Wirtschaft unterstützt werden.
Da gibt es ja eine ganze Reihe von Projekten - ich kenne eines in Zimbabwe. Die haben dann wiederum Verbindung mit Sponsoren und mit Wirtschaft. Das ist die einzige Chance, die man hat.

Was halten Sie vom Emissionshandel?

Mit dem Emissionshandel habe ich ein Problem: Das ist ja nur eine Krücke. Wenn sie denn funktioniert, dann ist es okay. Der Hintergrund ist einfach der: Wir müssen zu einem ernsthaften Umdenken kommen. Das Umdenken muss irgendwie anfangen. Der Emissionshandel verhindert eigentlich dieses Umdenken bei uns. Er macht ja noch nichts richtig, sondern kaschiert einfach nur. Wir sollten doch eher unsere eigenen Wälder nicht abholzen und dabei auch an die afrikanischen Wälder denken.

Hier in Düsseldorf haben wir die Steyer GmbH sitzen, eine der größten Papierkonzerne der Welt. Mit dem Vorstandsvorsitzenden sitze ich im einem Beirat der Stadtwerke Düsseldorf. Hören Sie sich mal an, was die in Finnland zum Beispiel für Wälder abholzen! Holz, das dann hier verbraucht wird.

Es ist ja schön, Parabolspiegel nach Afrika zu verkaufen - aber es muß auch bei uns das Umdenken anfangen. Ich bekomme zu hören: Es rechnet sich nicht, Altpapier aufzuarbeiten - das hat eine gewisse Grenze erreicht - das ist bekannt - und wir müssen weiter diese Wälder abholzen - und das muß schnell gehen. In Finnland und Schweden werden heute schnellwachsende Wälder angepflanzt, die in 30 Jahren abgeholzt werden. Da wird nicht mehr über den Begriff Natur nachgedacht.

Da liegt dann ein Problem für mich. Eigentlich reden wir über dieses Problem schon ein bißchen zu lange, als daß man nicht langsam schon ein Teil Umdenken sehen müßte. Die Deutschen stellen sich hin und sagen: Wir haben doch schon was erreicht, soundso viel CO2-Einsparung erreicht, aber wenn Sie genau hinschauen, rechnen wir liebevoll die zusammengebrochene Industrie Ostdeutschlands dazu. 16% CO2 hat die Stadt Düsseldorf eingespart. Warum? Weil wir 2 Kohlekessel zugemacht haben und auf Gas umgestellt haben. Deswegen haben wir noch lange nicht weniger Energie verbraucht, wir haben nur den Brennstoff geändert!

Wir haben sogar einen steigenden Energieverbrauch, ein Umdenken hat noch nicht stattgefunden.

Wäre es nicht möglich, anstatt kritisch über Emissionshandel zu denken, beide Seiten zu berücksichtigen - also sowohl als auch? Hier Energie einzusparen und gleichzeitig durch Emissionshandel den Drittweltländern zu helfen? Diese neue Technologie ist auch die Chance für Afrika. Kann man das zusammen sehen und nicht diesen Emissionshandel einseitig bewerten?

Sie sprechen zwei Seiten an: Die eine Seite ist die Wirkung auf die Länder Afrikas, die genau am Ende der Skala sind, und die können zeitweise sicher auch davon profitieren.

Ich habe hier erst mal uns, als Länder mit sehr hohen technischen Standard, angeguckt. Ich habe ja Umweltpolitik in Düsseldorf gemacht. Das Problem ist, daß wir alles mögliche suchen, um ja nicht von unserem Weg abzukommen. Wir suchen immer solche Pflästerchen, die wir anderen aufkleben können. Wir sagen: Das ist für euch eine positive Entwicklung. Aber eine, an der wir nicht sonderlich zu leiden haben.

Wenn es uns an den Kragen geht und z.B. weniger Autos gebaut werden oder wir Gesetze oder Regelungen kriegen, bei denen man nicht mehr freiwillig und mit Subventionen Solartechnik auf die Dächer setzen, dann würde die Sache anders aussehen. Regelungen aus der schlichten Einsicht in die Notwendigkeit, aber da passiert nichts.

Das, was hier bei uns geht, passiert nur mit zusätzlichen Vergünstigungen. Aus Einsicht läuft gar nichts. Das ist mein Problem. Wir wollen heute nicht mehr einfache, billige Technologien verkaufen sondern man will höhere Technologien verkaufen - also müssen wir afrikanische oder asiatische Länder in den Stand versetzen, daß sie mit der Technologie umgehen können. Wenn es ihnen denn nutzt, sprich CO2-Einsparung, dann ist es auch gut.

Aber ehrlich gesagt, es wäre egal, ob es denen nutzt. Hauptsache, es nutzt uns - das ist der Hintergrund dabei, denn wir wollen in Afrika anschließend mehr Autos verkaufen. Wir wollen was weiß ich alles verkaufen und dann nützt es uns nichts, wenn die Länder immer noch auf einem Stand sind, wo das Durchschnittseinkommen eines Bürgers unter 100 Dollar liegt. Das Perverse dabei ist, daß wir ein Interesse daran haben müssen, afrikanische Länder zu entwickeln, weil die uns dann wieder wirtschaftlich nützen.

Bei der lokalen Agenda gibt es bei uns in der Thomaskirche durchaus den Versuch, mit einem afrikanischen Partner zusammenzuarbeiten. Es gibt dafür auch Gelder, die im Rahmen der lokalen Agenda. Die Auflage ist dann immer, daß das Geld hier vor Ort verwendet werden muß und nicht in Namibia verwendet werden darf.

Da sind wir wieder an dem Punkt: Wenn wir hier was verändern würden, würden wir auch unseren Partnern etwas damit signalisieren. Wenn wir es selbst im Kopf haben, daß man anders leben kann, dann kann man auch anderen klarmachen, wie man auf den Level kommt, auf dem wir inzwischen sind.

Ich habe das in der Geographie gelernt, daß es Phasen gibt, durch die man durch muss. Da kommt die mittelalterliche Phase, durch die man durch muß, dann kommt die Neuzeit mit allen möglichen technologischen Sachen.Es gibt ja einen Streit darüber, ob das geht, von der Phase, in der viele afrikanischen Länder sind, sofort in die Hochtechnologie zu springen.

Es ist die Frage, ob das geht; in Indien hat man das versucht. Herausgekommen ist, daß ein großer Teil Indiens nach wie vor wirtschaftlich im Mittelalter ist und nur eine ganz kleine Elite, die auch aus der englischen Schulbildung herkommt, in einer Hochtechnologie angekommen ist. Es werden ja Computerprogramme in Indien entwickelt und hier genutzt. Ich weiß nicht, ob man so eine Entwicklung positiv finden sollte.

Wenn wir wirklich ernsthaft dort eine wirtschaftliche Entwicklung in Gang setzen sollen, dann sollten wir aufhören, uns ständig da einzumischen - damit die Länder selbst in die Lage versetzt werden, eigene Regierungsformen zu finden, mit denen sie klarkommen.

Zum Beispiel gehört da auch eine Grenzziehung dazu, in den verschiedenen Ländern. Die Grenzziehung ist ja oft kolonialen Ursprungs, die Grenzen sind ja künstlich zustande gekommen. Da wurde ja keine Rücksicht auf Stammeszugehörigkeit genommen.

Entwicklung generell ist ja nicht nur eine Sache der Wirtschaft, historisch und kulturell muß ein Land sich ja auch entwickeln können.
Diese Sache haben die Afrikaner doch noch gar nicht gehabt und wenn wir heute wieder kommen und denen etwas aufpfropfen, dann bin ich mir nicht so sicher, ob das nutzt. Das nutzt sicher einem kleinen Teil der Bevölkerung in diesen Ländern, aber es wird den ganzen Ländern insgesamt nicht nützen.

Ich habe anfangs von Ihnen gehört, dass man aus Einsicht Dinge machen muß und nicht aus wirtschaftlichem Interesse. Das wäre für mich ein Idealzustand, aber es ist nicht pragmatisch. Wir müssen pragmatisch an die Sache herangehen. Wir müssen die wirtschaftlichen Interessen von Deutschland berücksichtigen und gleichzeitig mit den Drittweltländern eine Basis finden, daß etwas entstehen kann. Das ist der einzige Weg, den wir jetzt haben. Und gerade beim Thema Umweltschutz – wo Sie hier einen gemeinsamen Nenner gefunden haben – sei es durch Windenergie oder Solarenergie. Da könnte man doch weiter voranschauen. Wenn Deutschland zum Beispiel mit Äthiopien zusammenarbeiten kann, dann könnte das zum Erfolg werden.

Wir brauchen die Unterstützung von Unternehmern aus Deutschland. Der Weg, der über eine kleine Elite in Afrika geht – was Sie vorher erwähnt haben – ist vielleicht der einzige Weg, den wir haben. Wenn aber immer mehr Arbeit entsteht, wird diese Elite ihren Erfolg früher oder später abgeben müssen. Wenn wir über Indien sprechen – dann zählt diese kleine Elite vielleicht 100 Millionen Menschen. Wir müssen immer relativieren.

Ich sage immer: Es ist besser, etwas schönes zu sehen und die Illusion zu haben - eines Tages erreiche ich das. Das ist mein Ansatz. Mit denjenigen, denen an der wirtschaftliche Entwicklung von Ländern wie unseren gelegen ist, sollten wir gemeinsam arbeiten. Ich habe gut verstanden, was Sie gemeint haben, aber praktisch gesehen ist es wirklich anders. Ich kenne das aus Erfahrung.

Hier in Düsseldorf sagt man: Man darf nicht fies sein. Übersetzt heißt das: Man muß alles machen und nichts lassen, d.h. mit allem und jedem zusammen kooperieren und da was machen. Man muß aber vorher wissen, wohin man will und was man will. Bevor man das nicht klar hat – für sich selbst nicht klar hat – weiß man nicht, mit wem man da gemeinsam Projekte macht.

Ich habe gar kein Problem damit, was Sie sagen. Selbst wenn Firmen wie McDonalds oder Coca-Cola dort etwas machen wollen, dann kann man durchaus mit denen reden oder sie unterstützen. Das ist die eine Sache. Bloß, die zweite Sache ist: Man muß nicht glauben, daß es NUR so geht. Ich bin vor 20 Jahren mal in Burma gewesen.  Das war das erste und einzige Land, das ich jemals kennengelernt habe, wo es keine Coca-Cola gab.

Das Problem ist: Dieses Land ist heute noch auf dem Stand von vor 20 Jahren, da hat sich nichts geändert. Wenn man sich nicht öffnet, nicht andere reinholt, dann wird sich auch nichts entwickeln. Es passiert dann einfach nichts, da gebe ich Ihnen recht.

Wer in einem solchen Land Arbeit schaffen will und bemüht ist, was neues von außen hinzubringen und zu entwickeln – mit dem muß man zusammenarbeiten. Man muss auf der anderen Seite aber sehr vorsichtig sein, daß man nicht vom Weg abkommt – und daß es am Ende den Leuten vor Ort nützen soll. Es darf nicht sein, daß das Geld dann nur rausgeschafft wird, da soll auch etwas bleiben. Das ist nicht unwesentlich.

Die Entwicklungsländer sind seit den 60er Jahren schon unabhängig geworden – und fördern immer die Eliten. Es sind immer dieselben Eliten. Wir haben in diesen Ländern immer die ganz Armen und die ganz Reichen und dazwischen gar nichts. Das darf nicht sein. Da müssen wir Widerstand schaffen. Und es kann nicht sein, dass deutsche Firmen für Afrika die Solartechnik produziert. Das darf doch nicht sein! Wir müssen alle Produkte in Afrika herstellen können. Wir können sie doch nicht aus Europa importieren – das ist doch viel zu teuer. Unsere Idee war ja, Asylbewerber, die in 2 oder 3 Jahren abgeschoben werden, zu schulen, damit sie nicht ohne neue Kenntnisse nach Afrika zurückkehren. Die können später an Ort und Stelle etwas tun, Fabrikation aufbauen, Werkstätten einrichten. Ein Mittelstand muß so aufgebaut werden.

Das mit dem Mittelstand ist ganz wichtig - weil es ihn nur ganz wenig gibt. Die Handwerker, Kleinunternehmern, mittlere Unternehmer – die allerdings meistens mit Ausländern zusammenarbeiten, mit großen ausländischen Firmen, aus diesen Kreisen muß es rauskommen.

Eliten sind ganz sinnvoll, wenn sie einen größeren Teil abgeben. Aber das bleibt auch bei 10% der Bevölkerung. Dann ist es auch noch so, daß die nur in bestimmten Teilen leben. Das ist halt in der Stadt, und im Land drumherum ist dann nichts. Ich denke, was jetzt fehlt, ist die Entwicklung auf dem Land, nicht in den Städten. In den Städten gibt es genauso Radio, Fernsehen, Satellitenstationen und all das. Was es nicht gibt, ist die Breite der Entwicklung. Die können wir dann mit solchen Projekten unterstützen. Und da muß man alles nehmen, was kommt.

Das Problem ist allerdings, dass sich bei uns nur wenig Firmen dafür interessieren, die ziehen sich ja eher wieder zurück. Es heißt ja immer so schön: Return on invest. Also, es muß ganz schnell gehen, das Geld. Was man an Geld investiert, muss sich ganz schnell umrechnen lassen - in Gewinne hier. Da ist in der heutigen Zeit keiner mehr bereit, sich längerfristig zu engagieren, Entwicklung ist aber nun mal etwas längerfristiges.

Die Sache soll über den Mittelstand laufen, aber der bricht doch heute überall weg.

Ja, das ist das Dilemma. Dieser Mittelstand muss ja auch über längere Zeit bestehen. Der Mittelstand kommt ja erst mal - was die Leute haben sind ihre eigenen individuellen Fähigkeiten. Die Leute haben kein Geld, sich das Material zu besorgen. Meistens haben sie auch Kunden, die auch nicht sofort bezahlen können und wer investiert in einem solchen Bereich etwas mehr Geld?

Wir haben das Problem: Uns ist unsere eigene Hose näher. Wenn wir Husten haben, dann sind wir totkrank, wenn aber in Äthiopien Hungersnöte sind oder Bürgerkrieg ist, dann ist das halt ein paar tausend km weg. Das ist ja schlimm, wird jeder sagen, aber unser Husten ist eigentlich schlimmer. Da liegt auch unser Dilemma. Wir finden uns selbst so unendlich wichtig. Da müssen wir noch ganz ganz dicke Bretter bohren, um da ein Umdenken hinzukriegen.

Ich würde trotzdem jedes Projekt nehmen und jeden nach Afrika hinschicken und sagen: Guck dir erst mal an, was da ist, damit du siehst, wie dort die Leute leben. Fahr nicht nach Mallorca sondern nach Afrika und guck dir diese Länder an. Dann weißt du erst mal, in welcher Situation die sind. Vielleicht kommt das dann ganz langsam, daß Leute umdenken und sagen: Ich muß was teilen - ich muß selbst anders leben, damit da was passiert.

Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt zu sagen: Nicht importieren sondern lokal produzieren. Das ist aber nur teilweise richtig. Nach meiner Erfahrung ist es sehr sehr wichtig, daß man auch Produkte für Anlagen importiert.

Aus folgenden Gründen: Es gibt weniger Abnehmer für eine solche Anlage. Deshalb sollten wir das machen. Wenn wir das nicht machen, machen das die Anderen. Wenn solche Anlagen da hinkommen, dann ist da eine Implikation vorhanden. Die kleinen Handwerker sehen das und lernen daraus.

Der nächste Schritt wäre dann, bestimmte Sachen dort zu machen - zu montieren usw. So entsteht dieses Know-how. Ohne das Know-how kann man kein Handwerk erzeugen. Dass jeder nur an sich denkt - das liegt in der Natur der Menschen.

Eine Frage, die schon öfters an das Netzwerk gestellt wurde: Besteht die Möglichkeit, Techniktransfer nach Afrika von hier aus aufzubauen, und dafür landwirtschaftliche Produkte nach Deutschland einzuführen?

Wir sitzen hier ja selbst in einer Überproduktion. Wir haben das Dilemma, daß unsere Bauern ja schon knatschig sind, wenn die Weizen oder Roggenernte nicht so ist, wie gedacht - gerade wieder durch die Trockenheit. Die wollen ein festes Einkommen haben. Deshalb wird es da sehr schwierig.

Es gibt aber bestimmte Industriebereiche, die in Deutschland oder Mitteleuropa nicht mehr kostengünstig zu machen sind. Da wird es einen Technologietransfer geben in bestimmten Bereichen - weil der Arbeitskostenanteil relativ hoch ist. Es gibt ja amerikanische Firmen - Levis z.B. - die schon in Marokko produzieren, Tunesien und Ägypten. Da gibt es ja schon Veränderungen, gerade in der Textilindustrie. Auch in Asien wird sehr viel produziert. Bei der Landwirtschaft glaube ich es nicht. Einige exotische Produkte, die hier ganz gerne zu bestimmten Jahreszeiten gebraucht werden - dagegen ist nichts zu sagen; Erdbeeren aus dem Süden Afrikas im Winter.

Den anderen Teil, den Sie meinten - also Technologieimport oder Export von hier nach da halte ich für sehr schwierig, weil der Agrarmarkt in der EU schon schwierig genug ist. Ich glaube nicht, daß das durchsetzbar sein wird, obwohl hier Landwirtschaft immer weniger wird. Aber innerhalb Europas haben wir ja die Südländer - Griechenland, Italien, Spanien. Die sind ja schon dabei als Agrarländer, die ja sehr viel loswerden wollen.

Es kommen auch Agrarprodukte aus Südamerika hier ins Land. Könnte man da einen Vergleich ziehen?

Aus Südamerika kriegen wir ja überwiegend Bananen und Fleisch.
Kaffee kriegen wir ja auch aus Kenia. Der spielt aber im Verhältnis zum südamerikanischen Kaffee keine Rolle.
Südamerika hat ja historisch eine andere Struktur, denn Südamerika ist überwiegend europäisch besiedelt worden.

Ich habe anderthalb Jahre in Buenos Aires gelebt - und ich weiß nicht, ob es erstrebenswert ist für afrikanische Länder, wie es dort zugeht. Ein paar da oben und eine Masse dort unten.
Da ist noch ein bißchen dazwischen, aber soviel ist das nicht. Und die leben auch nicht sonderlich gut.

Ob man einen solchen Weg möchte, weiß ich nicht. Da sollte man sich doch eher auf Produkte aus den eigenen Ländern spezialisieren, die einmal eigene Arbeit schaffen in den eigenen Ländern. Und die dann auch hier absetzbar sind.
Wenn sie aber mit Agrarprodukten auf den europäischen Markt kommen, müssen Sie billiger sein als alles andere. Ich denke, das ist nicht der Sinn der Sache.

Es wird in Zukunft sicher auch einige andere Bereiche außer der Textilindustrie geben, der mittleren Technologien, wo man dort also Arbeitskosten sparen kann. Da sind viele Arbeitskräfte einsetzbar, wobei es ja auch ein Problem der Kinderarbeit geben kann. Da sollte man also vorsichtig sein.

Ich glaube, es ist nicht der richtige Weg, irgendwelche Produkte nach Afrika zu importieren. Wir müssen versuchen, die Rohstoffe an Ort und Stelle zu verarbeiten und erst dann zu exportieren. Das schafft Arbeitsplätze in Afrika. Es müssen dann auch Märkte geschaffen werden.

Solarenergieprodukte sind am besten für afrikanische Länder geeignet - um Fuß fassen und den notwendigen Austausch zu finden, aber von hier muß ja eine Partnerschaft entstehen. Kleine oder mittelständische Firmen, die Produkte erzeugen, könnten eine Rolle spielen. Sie könnten auf der einen Seite ihre Produkte in Afrika absetzen und auf der anderen Seite auch diese Produkte dort teilweise erzeugen um sie dann an dem afrikanischen Markt abzusetzen oder auf anderen Märkten. Das ist der Ansatz, den ich für sehr wichtig halte.

Solarenergieprodukte sind in dem Sinn wirklich einmalig, aber wenn ich dort versuche zu verkaufen, kostet mein Produkt 20 Euro, das chinesische Produkt jedoch kostet 5 Euro. Aber zu diesem Zeitpunkt sind Solarenergieprodukte noch nicht soweit und sie sind auch erlernbar vor Ort. Das ist auch, was ich versuche, den Leuten zu erklären. Damit dieses Bewusstsein entsteht. Das wiederum könnte man in die Entwicklungshilfe mit integrieren.

Wie könnte man z.B. GTZ mit integrieren? Wie könnte man die kirchlichen Organisationen so integrieren, daß sie kleinere Unternehmern helfen? Das ist nämlich die Lösung. Ohne kleine selbständige Unternehmer läuft nichts.

Keine Entwicklungshilfe wird uns aus diesen Problemen heraushelfen. Keine kirchliche Organisation kann uns da heraushelfen, alleine. Sie machen wertvolle Arbeit, ohne Zweifel, aber das ändert die Gesellschaft nicht und das bringt keine Nachhaltigkeit.

Dazu möchte ich mal ein kleines Beispiel geben: Wir waren vor gut 2 Jahren in Namibia und haben mit Solartechnik da versucht, Aufmerksamkeit zu erwerben. Es war auf dem Land, weit weg von der Großstadt in der Calavari. Wir haben gemerkt, daß die Bewohner von dieser Technologie noch nie was gehört oder gesehen hatten. Wir waren total überrascht deshalb. Wir haben auch Schulen besucht und festgestellt, dass Solarenergie dort noch kein Thema ist. Wir haben dann aus der Schule eine Anfrage bekommen, ob sie in diesem Bereich nicht mit uns zusammenarbeiten können – sozusagen ein Wissenstransfer. Das mit dem Mittelstand ist ja schön und gut, aber wenn nicht mal das Know-how dafür vorhanden ist, dann muß man noch tiefer ansetzen.

Seitdem wir uns mit dem Thema Solarenergie beschäftigen, haben hier lebende Afrikaner mehr und mehr Interesse daran gezeigt. Sie sind davon begeistert und daran interessiert, diese Technologie zu erlernen.
Können Sie sich vorstellen, daß man ein Programm ins Leben rufen kann, wo Afrikaner ausgebildet werden können, um gezielt in ihren Herkunftsländern eingesetzt zu werden?

Das könnten doch auch Asylbewerber sein. Das ist nämlich ein Problem, das wir hier haben.
Es gibt in Düsseldorf ja nicht so sonderlich viele Hersteller von Solarprodukten. Ich könnte mir durchaus vorstellen, daß die Stadt da in Kontakt kommt mit den Unternehmen. Das sind ja Handwerker, kleine Unternehmer bis Mittelstand.

Sich mit denen zusammenzusetzen, damit dort die ein oder anderen eben mitlernen können – in den Betrieb integriert werden. Das sind alles kleine überschaubare Betriebe, und da müsste man auch Sponsoren finden, die das dann finanziell unterstützen. Dass diese kleine Betriebe das selbst übernehmen, glaube ich nicht. Da müsste die Stadt Beschäftigungsgesellschaften einschalten, um dort eben Programme in Gang zu setzen. Das ist sicherlich eine Möglichkeit.

Und wie glauben Sie, daß wir die Stadt erreichen können?

Eine Möglichkeit wäre im Rahmen der lokalen Agenda, da ein Projekt in Gang zu bringen. Als ein zusätzliches Projekt. Wir haben ja über 20 Projekte laufen. Generell müssen Sie darauf achten, dass das Thema Asylbewerber und ihre Integration in den Arbeitsprozess ja ein ganz besonderes ist. Es ist unsere Forderung seit langem, daß Asylbewerber auch offiziell beschäftigt werden dürfen.

Das ist ja der entscheidende Punkt dabei, daß man Asylbewerber nicht sich selbst überlässt, sondern daß man ihnen die Möglichkeit gibt, in solchen Projekten mitarbeiten zu können. Das wäre die erste Forderung.

Die zweite wäre die Realisierung. Bei uns laufen Sie da ja offene Türen ein.

Es gibt ja ein Rückkehrerprogramm in Göttingen, das sich allerdings mehr um Hochschulabsolventen kümmert. Hier in Düsseldorf wollen wir eine andere Szene aufbauen. Wir wollen uns nicht auf Hochschulabsolventen konzentrieren, sondern jeder soll das können.

Wir sind im Rahmen der Konferenz dabei, eine solarthermische Anlage zu bauen und ich kann ja sehen, wie engagiert die Teilnehmer sind. Dann gab es Anfragen an uns, ob über das Arbeitsamt in Sachen Ausbildung da etwas machbar wäre.

Sie sind ja der Kandidat der Grünen für das Amt des Oberbürgermeisters. Können Sie da nicht was bewegen?

Ich war ja auch einer der Initiatoren der lokalen Agenda in Düsseldorf. Da kann ich Ihnen versichern, daß es ein Interesse von mir ist, solche Projekte in die lokale Agenda zu integrieren.

Wie gesagt, wir haben ein Problem, das in NRW und auch bundesweit gelöst werden muss– nämlich die Möglichkeit, Asylbewerber in die Beschäftigung zu integrieren. Das ist ein Grundproblem, da ist die Kommune nur mittelbar beteiligt. Aber als Kommune kann man sicherlich den Leuten die Möglichkeit geben, in solche Projekte reinzuriechen und aus diesen Projekten auch für sich selbst etwas an Erkenntnis rauszuholen.

Ich bin aus Ghana. Ich habe das Gespräch die ganze Zeit verfolgt.

Ghana ist in Westafrika das Land Nr. 1, das Holz exportiert. Die Europäer sind direkt in unseren Dörfern und geben den Einheimischen Geld, damit die Wälder gerodet werden können. Die Leute sind arm und machen das. Es ist sehr schwer den Leuten dort zu sagen, daß das nicht gut ist. Das funktioniert nicht. Das läuft bis heute so. Können Sie was tun, um das aufzuhalten?

Die afrikanischen Gemeinden, die hier sind, haben keinen direkten Kontakt zu den politischen Stellen hier. Wir aus Ghana haben hier in Düsseldorf die größte Gemeinde. Wenn Sie etwas für Afrika tun können, dann wären wir sehr dankbar, wenn Sie auch uns Ghanaer direkt einbeziehen würden.

Sie können ja auch etwas tun, nämlich Gilbert Yimbou zu unterstützen, daß er wieder in den Rat kommt. Aber auch für uns Grüne muß ich sagen: Es ist ja ein Lernprozess. Nicht jeder weiß, was in Afrika eigentlich passiert. Und da ist es sehr wichtig, auch Stimmen zu haben, die sagen: Dort ist die Lage nicht so, wie du dir das vorstellst oder es in der Zeitung steht.

Deswegen ist es unheimlich wichtig, daß wir auch lernen zuzuhören, was Leute zu erzählen haben und was Afrikaner an Forderungen und an Ideen haben. Wir können von hier aus nur die Prozesse in Gang bringen, die kommunal möglich sind. Lokale Agenda in Gang setzen und wenn möglich, Firmen zu bewegen, das eine oder andere zu machen. Wir können das als Stadt nur weitertragen – immer weiter und das innerparteilich weiterzutragen, so daß im Land und im Bund das zur Sprache kommt.

Da sind Sie sich auch hoffentlich sicher, daß wir das auch tun!

Ich fühle mich natürlich verpflichtet, meinen Landsleuten unter die Arme zu greifen. Mit Hilfe meiner Partei, haben wir auch dem afrikanischen Netzwerk helfen können.

Aber wir Afrikaner sollten nicht länderspezifisch argumentieren, wir müssen versuchen, das gemeinsam zu machen. Wenn jedes Land für sich arbeitet, erreichen sie gar nichts, weil uns die Politik gar nicht wahrnimmt. Also muß man versuchen, diese große Gruppe der Ghanaer in das Netzwerk einzubinden, dann können wir unsere sozialpolitischen Belange durchsetzen.

Wir kämpfen schon lange für eine Anlaufstelle hier in Düsseldorf. Obwohl 24 Vereine in diesem Netzwerk sind, haben wir keine Anlaufstelle. Eine Anlaufstelle, wo jeder Afrikaner weiß: Da kann ich Hilfe kriegen. Damit uns das gelingt, müssen wir zusammenarbeiten. Bei den Grünen kann davon ausgegangen werden, daß sie das unterstützen. Und auch das Netzwerk unterstützen.

Welche Auswirkungen hat eigentlich die Blockade der Amerikaner in der internationalen Umweltpolitik?

Die Auswirkungen sind erst mal, daß man immer wieder diskutiert, weil alle anderen Beteiligten ja wissen: Ohne Amerikaner oder mit deren Blockade kommt man nur begrenzt weiter. Da ist man auf der einen Seite sauer auf die Amerikaner und möchte sie an den Pranger stellen, aber auf der anderen Seite muß man mit ihnen zusammenarbeiten.

Das ist so die Frage: den richtigen Weg kennen – und trotzdem das Andere machen, das ist, was zur Zeit auch läuft.
Man versucht auf der einen Seite die Amerikaner zu drücken und zu schieben und moralisch mit dem Zeigefinger zu winken, daß sie mit der Blockade aufgeben, aber gleichzeitig versucht man, ein Niveau zu finden, auf dem man zusammenarbeiten kann. Das wird sicherlich weitergehen - aber sehr langsam.

Ein Präsident Bush mit seinen Umweltberatern wird auch irgendwann mal einsehen, daß es nicht immer nur mit NEIN geht und daß es am Ende auch wieder der amerikanischen Wirtschaft nützt. Es wird eine Zeit lang Stillstand geben und dann wird es auch wieder langsam weitergehen.

Auch in den USA gibt es genügend Leute, die sehr genau wissen, daß man gerade in Afrika Entwicklung braucht. Wir können uns das langfristig nicht leisten, daß wir auf der einen Seite eine reiche Welt haben und auf der anderen Seite eine total arme Welt.
Dort nur Eliten zu unterstützen – das funktioniert nicht.

Wir haben das jetzt im Irak gesehen, daß die Amerikaner ein Problem haben mit der Kenntnis anderer Leute und anderer Sprachen. Das ist in Europa vielleicht nicht ganz so schlimm, aber ähnlich. Wer kennt denn von uns Afrika? Wir müssen lernen, da hinzuhören und uns der Leute, die hier sind, zu bedienen. Das müssen wir wirklich lernen. Die Leute hier zu integrieren und auf ihre Ratschläge zu hören und nicht immer sagen: Ich weiß, so es langgeht.

Afrika hätte ja die Möglichkeit zur Selbstversorgung.

Aber wenn die sich selbst versorgen können, dann könnten die das glatt ohne uns machen. Das ist ja auch nicht so schön; man will ja Einfluss haben. Das ist ja das Dilemma, das wir haben. Wir – ob das jetzt die Franzosen sind oder die Engländer, auch die Deutschen – wir wollen ja auch etwas Einfluss haben auf die Entwicklung vor Ort. Das soll ja bitte nicht so gehen wie in Ghana – wie die sich das selbst vorstellen. Wir möchten ja gerne dort was hin exportieren, aber dann soll das bitte so laufen, wie wir uns das vorstellen.

Dass Afrika ein so großer Kontinent sich selbst versorgen kann, glaube ich Ihnen sofort. Dann würden die aber glatt auf die Idee kommen, alleine groß und stark zu werden. Das ist aber nicht beabsichtigt. Die gesamten Hierarchien, die in der Welt sind, sollen ja bitte beibehalten werden und da hat Afrika einen anderen Platz als den der Gleichberechtigten. Das ist halt das Dilemma.

Ich glaube, wenn die Länder Afrikas zusammen Geschäfte machen können, würden viele Probleme gelöst sein. Warum sollen die Leute in Zimbabwe verhungern, wenn in Nigeria oder Ghana im Überfluss produziert wird? Das ist eines der Probleme, daß Afrikaner untereinander nicht so klar kommen können. Sonst bräuchten sie nicht Hilfe von woanders her zu fordern.

Es gibt doch so ein Modell von Kleinwächter, wenn Sie den kennen. Das ist eine Technologie für ein ganzes Dorf, das sich dann komplett selbst versorgen könnte.

Das ist die Möglichkeit für Einzelprojekte. Man wird über Einzelprojekte nicht hinauskommen, sondern nur diesen Weg gehen können, also beispielhaft zu zeigen wie es geht. So daß sich das Schritt für Schritt ausdehnen kann.

Der erste Schritt wäre ja ein gemeinsamer Markt in Afrika - oder Teilen Afrikas, aber Sie sehen ja, wie lange man in Südamerika dazu braucht. Und das wird sicher noch schwieriger in Afrika.

Innerhalb der Staaten muß mehr Vertrauen geschaffen werden - damit man das Handeln untereinander etablieren könnte.

Bisher verstand man unter Handel weniger den Handel unter Afrikanern als den Handel mit Europäern und Amerikanern. Es findet Export-Import statt aber weniger ein gemeinsamer Markt innerhalb Afrikas. Da können wir sicher auch als Europäer etwas tun, damit das in die Gänge kommt.

Sie sagten, daß die Europäer und Amerikaner immer ihren Einfluß haben wollten. Warum gibt es bisher keine Alternative?
Sei es von afrikanischen Intellektuellen oder von den alternativ denkenden Europäern - die auf Nachhaltigkeit setzen. Warum gibt es diesen Weg nicht?

Manchmal denke ich, weil wirtschaftliche Interessen nicht berücksichtigt werden oder weil die Intellektuellen sich bemühen, das Problem idealerweise zu lösen, humanistisch zu lösen. Sie spielen kaum eine Rolle im Wirtschaftsleben.

Man muß zunächst mal das Problem vom wirtschaftlichen her denken, nicht aus Sicht der großen Konzerne. Die kleineren und mittleren Betriebe sollten daran arbeiten, kleineren und mittleren Betrieben in Afrika zu helfen.
Und die Intellektuellen können dann in diesem Rahmen helfen.
Ich versuche in dieser Richtung zu arbeiten.

Sie haben gesagt: Auch wenn Afrika seinen eigenen Weg geht, möchten die Industrieländer etwas Einfluß auf seine Entwicklung haben.

Glauben Sie, daß es angebracht wäre, Afrikaner, die hier studieren, als Partner zu gewinnen für die Entwicklung? Und daß die politische Ebene mit der wirtschaftlichen Ebene zusammenarbeitet? Bisher läuft es ja so, daß Firmen nach Afrika gehen und Bürgerkriege anzetteln, um an Rohstoffe zu kommen.

Das kann man ganz einfach beantworten: Klar. Das ist das Muss. Das muss geändert werden, und zwar ganz schnell.
Das Problem ist aber, daß sich Firmen in dieser Art dann aus der Politik entziehen können in ihren Betätigungen.

Wir erfahren manchmal, wie unwichtig Politik in diesem Zusammenhang ist. Wie wenig Politik ausrichten kann - wie leicht es Firmen gemacht wird, Einfluß in anderen Ländern zu gewinnen, gerade großen Firmen. Das kann man beklagen oder anprangern, das ist die Realität. 

Nehmen wir Shell als ein Beispiel. Shell macht Verbrechen in Nigeria und wäscht das Geld mit Solaranlagen. Ich meine, Afrikaner sollten die Produkte von Shell boykottieren. Was halten Sie davon?

Das ist die einzige Art, wie man sich wehren kann bei Firmen. Man kann nur so reagieren, indem man deren Produkte nicht kauft. Das ist auch bei uns so.

Da gab es ja schon viele Demonstrationen gegen Shell, aber bisher hat es ja nichts geändert an der Sache. Welche Wege können denn die Afrikaner in Deutschland gehen, um mehr Partner zu gewinnen gegen diese kriminelle Politik von Shell?

Ich denke gerade an das Beispiel mit der Pipeline in Equador, die die West LB hier als nordrheinische Bank finanziert. Das hat auch sehr lange gedauert, bis da ein ernsthafter Protest dagegen aufkam. Die meisten Leute hier in Düsseldorf wissen wahrscheinlich gar nicht, was Shell macht.

Es geht nicht anders als immer wieder zu informieren und immer wieder zu sagen: So ist es. Diese Firma ist halt ein mehr oder weniger großer Rohstoffräuber vor Ort. Und zwar egal wie, Hauptsache das Öl fließt in deren Kassen. Da ist bei denen auch jedes Mittel recht. Nur so kann man das anprangern, anders geht es nicht.

Wie denken Sie über den Begriff der Globalisierung?

Im Moment ist es ja so, daß Globalisierung ein nettes Wort ist für die Tatsache, daß sich die starken Länder noch stärker durchsetzen wollen. Globalisierung hat im Moment mit nachhaltiger Entwicklung nicht so riesig viel zu tun. Das ist Moment noch ein Gegensatz.

Man müsste unter Globalisierung eine Gesamtentwicklung im Auge haben, wo alle Partner eine Rolle spielen. Im Moment bedeutet Globalisierung nur, daß starke Leute in der ganzen Welt ihren Markt sehen. Und das ist es.

Was sollen wir denn machen, damit Afrika eine größere Rolle spielt in Düsseldorf?

Genau solche Veranstaltungen machen und immer mehr Leute dazu einladen: Afrika zum Thema machen in der Stadt.