Solarenergie für Afrika

Konferenz in Düsseldorf vom 4.-6. September 2003

Interview mit Tameru Beshah

Seit etwa zwei Jahren beschäftigt Beshah sich neben seinem Job damit, wie man am besten regenerative Energieanlagen, insbesondere Solarprodukten und Anlagen nach Äthiopien importieren könnte. Im Interview berichtet er über seine bisherigen Erfahrungen

Herr Beshah über sich selbst (aus einer E-Mail vom 22.7.):

Seit etwa zwei Jahren beschäftige ich mich (Deutscher, äthiopischer Abstammung) neben meinem Job damit, wie man am besten regenerative Energieanlagen, insbesondere Solarprodukten und Anlagen nach Äthiopien importieren könnte.

Im Februar/März diesen Jahres habe ich dann mit einer Geschäftspartnerin, die in Äthiopien lebt, eine GmbH ( "Solar & Information Technology, plc" (SIT) in Äthiopien gegründet. Die Aufgabe unserer Firma ist es, unter
anderem Distribution der Solarprodukten und Serviceleistung (Installation, mögliche Wartung) zu erbringen.

Darüber hinaus hat SIT ein Wasserthermie-Projekt bei der äthiopischen Investitionsbehörde ( Ethiopian Investment Authority) zur Genehmigung vorgelegt. Das Projekt ist vom Behörde als förderungswürdige Investition anerkannt und als solches auch bescheinigt, so das SIT bei dem Einfuhr von Maschinen usw. in den Genuss von Zollfreiheit/erhebliche Zollminderung kommen kann. Wir suchen noch PartnerInnen für die Implementierung dieses Projekt.

Wie sie von der obigen Darstellung feststellen können bin ich sehr daran interessiert -sowohl als Geschäftsmann als auch Ursprungsäthiopier - und engagiert die Solarenergieanlagen- und Produkten in Äthiopien (nicht nur in
Äthiopien) verbreitern zu helfen. Daher finde ich die Initiative
"Solarenergie für Afrika" hervorragend und bin auch bereit teilzunehmen.

Interview:
Sie haben bereits in Äthiopien eine GmbH gegründet. Gab es davor schon eine Planung oder war das eine kurzfristige Entscheidung?

Ja, es gab schon vorher eine Planung. Das ist keine kurzfristige Entscheidung gewesen. Die GmbH ist im März dieses Jahres legal gegründet worden. Der Name der Firma ist "Solar & Information Technology, plc (SIT) ", mit einem Stammkapital von ca. 25,000 EUR (250,000 Birr). Die Idee der Firmengründung im Solarenergiebereich entstand vor zwei Jahren bei einem Besuch in Äthiopien

Möchten Sie ausschließlich in den Handel mit Solarprodukten einsteigen?

Nein, Es ist nicht ganz und gar unser Ziel ausschließlich in den Handel von Solarprodukten einzusteigen. Im Gegenteil - schon als die Idee der Betätigung im Solarbereich entstand, war es mir vollkommen klar, dass ohne funktionierende Service-Infrastruktur, ohne lokale Produktion der Produkte (nach und nach) und ohne Kooperation mit NROs und ROs kein unternehmerischer Erfolg erzielt werden kann. Natürlich ist SIT weit davon entfernt, die drei untrennbaren Komponenten zu erfüllen. Aber, bei jedem Schritt, den wir machen , sehen wir zu, dass diese Komponenten nicht außer Acht gelassen werden. Das ist ein steiniger Weg. Aber höchst wahrscheinlich der einzige Weg, um Nachhaltigkeit im Solarbereich zu erzielen.

Welche Techniken werden von der Bevölkerung in Äthiopien bevorzugt?

Da die Solartechnologie als solche unter der breiten Bevölkerung nicht bekannt ist, kann man kaum von bevorzugten Techniken reden.

Gibt es Institute, die Befragungen durchgeführt haben, vergleichbar den
Marktforschungsinstituten?

Mir sind solche Institute in Äthiopien nicht bekannt, die Befragungen durchgeführt haben. Allerdings kenne ich Berater, die früher Befragungen in ländlichen Gebieten zu bestimmten Themen durchgeführt haben.

Arbeiten Sie mit einer Universität in Äthiopien zusammen?

Zur Zeit gibt es keine Zusammenarbeit mit den Universitäten. Allerdings habe ich gute Kontakte zu Experten, die sich im erneuerbaren Energiebereich spezialisiert haben.
Bei der Vorbereitung zur Gründung von SIT habe ich auch diese Kontakte zur Rate gezogen.

Gibt es funktionierende Projekte in Äthiopien, zur Verbreitung von Solartechnik?

Mir ist eine kleine Firma bekannt, die im Bereich Wasserthermie tätig ist. Sie produziert lokal Warmwasseraufbereitungsanlagen. Das ist natürlich erfreulich. Ansonsten gibt es zur Zeit keine funktionierende Projekte. Zumindest sind sie mir nicht bekannt.

Trifft der (oft gehörte) Vorwurf zu, dass der kommerzielle Vertrieb von
Solartechnik in Afrika den Kundenservice nicht gewährleistet?

Um diese Frage zu beantworten, muss ich etwas ausholen. Jede neue Technologie, jedes neue Produkt erfordert eine gut funktionierende Serviceinfrastruktur. Egal wo! Sonst ist der Misserfolg für das Produkt schon vorprogrammiert.
Die Bildung solcher Infrastruktur setzt wiederum andere Strukturen voraus, wie die Infrastruktur im Augenblick, Training, und vieles mehr. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn Kundenservice in Afrika nicht gewährleistet ist.

Mit der Einführung der Solartechnik muss man auch gleichzeitig den Kundenservice aufbauen. Man weiß, dass die Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Aufbau solche Strukturen ein auf Nachhaltigkeit gerichtetes Unternehmensziel ist . Ich meine mit Unternehmen primär die kleinen Firmen (wenn auch sehr gering an der Zahl), die in den afrikanischen Ländern vor allem aus eigener Initiativen entstehen.

Man glaubt es kaum in Europa , dass es beispielsweise in Äthiopien ideenreiche Entrepreneurs gibt, die für Ihre Ideen viel an Energie und Geld investieren. Diese Firmen zu unterstützen, mit ihnen zu kooperieren heißt eine nachhaltige Entwicklung der Solartechnik in Äthiopien herbeiführen. An dieser Stelle möchte ich auf Entscheidendes hinweisen:
Die Tatsache, dass man die eine oder andere kleine Firma in Äthiopien unterstützt, heißt nicht, dass diese Firma auch erfolgreich wird. Sie kann trotzdem pleite gehen. Aber in Deutchland überleben auch von 100 neugegründeten Kleinfirmen in den ersten drei bis vier Jahren noch nicht mal zehn. Trotzdem bekommen Neugründungen eine Reihe von Unterstützungen hier im Lande.

Schlussfolgerung meinerseits: diese paar erfolgreiche Unternehmen machen den Erfolg in einem Land aus. Erfolgreiche Unternehmen kann man bekanntlich nicht züchten, auch in Deutschland nicht, erst recht nicht in den Ländern wie Äthiopien .
Um den Grund für den Mangel an Kundenservice für Solartechnik zu verstehen muss man wissen, wie und von wem die Solartechnik in mehreren afrikanischen Ländern eingeführt wurde. Wenn man die Solaraktivitäten der letzten 10 Jahren, die in verschiedenen afrikanischen Ländern stattfanden, betrachtet, so stellt man fest, dass fast alle Aktivitäten von NGOs, UNO oder andere Wohltätigkeitsorganisationen initiiert und geführt waren.

Die wichtigste Frage für mich ist: Warum scheiterten so viele Projekte bzw. erreichten ihr Ziel nicht?
Das Hauptziel dieser Projekte war ja die Verbreitung der Solartechnik in verschiedenen Ländern (siehe die Aktivitäten um Solarkocher). Für eine erfolgreiche Verbreitung dieser Technologie ist unter anderem Kundenservice unverzichtbar. Was haben diese Projekte in dieser Richtung getan? Konnten Sie überhaupt unter dieser Konstellation in dieser Richtung was bewegen?
Also, die Tatsache, dass Kundenservice nicht existent war, war auch ein Manko (vom Wesen und Vorgehensweise her) dieser Organisationen. Auf Wohltätigkeit basierende Maßnahmen (Projekte) haben ihr Hauptaugenmerk auf Wohltätigkeit - also der Aufbau von Kundenservice ist für diese Organisationen nicht vordergründig.

Das Scheitern des einen oder anderen Projektes ist nicht automatisch das Aus für diese Organisationen. Anders ist es bei den Firmen, die in diesem Bereich tätig sind. Wenn der Solarkunde drei Monate auf sein Solarlicht verzichten muss, weil ein Kabel lose war und der Kundenservice dieser Firma es nicht geschafft hat, sehr viel früher den Fehler zu beheben, dann ist diese Firma verdammt bankrott zu gehen. Sie gehörte somit zu den über 90 nicht überlebenden Firmen, wenn sie in Deutschland wäre.
Aber trösten wir uns, die paar überlebende Firmen machen sich auf den steinigen Weg des Kundenservices und stellen nach und nach Kundenzufriedenheit her. Rom ist auch nicht über Nacht entstanden.

Ist ein Kundendienst in den ländlichen Regionen von Äthiopien zu gewährleisten?

Der Punkt ist nicht, ob man im Augenblick in ländlichen Gebieten Kundendienst gewährleisten kann. Unser Ziel ist, dort wo wir Produkte verkaufen auch dafür zu sorgen, dass Kundendienst gewährleistet wird.

Welches Marketingkonzept werden Sie anwenden? Spielen dabei Prepayedsysteme oder Verleihsysteme eine Rolle?

Wir haben schon im Vorfeld verschiedene Marketingkonzepte berücksichtigt, auch solche, die Sie oben genannt haben. Abhängig von den konkreten Bedingungen vor Ort werden wir das passende Konzept anwenden. Unser größter Vorteil ist: Wir kennen die Gewohnheiten, Kultur, Mentalität usw. unserer Zielgruppe.

Werden Sie Leute anstellen oder als Familienbetrieb arbeiten?

Ja, wir werden mit Sicherheit Leute nach und nach einstellen.

Wurden Solarprodukte in Äthiopien schon getestet?

Mir ist nicht bekannt, dass Solarprodukte in Äthiopien getestet sind. Wir wollen Solaranlagen im Rahmen eines von uns vorzuschlagenden Projektes testen. Dafür suchen wir Firmen, NGOs und andere Organisationen, die bereit sind, mit uns zu kooperieren

Wurden speziell Solarlampen getestet?

Wir haben Solarlampen getestet und einige Erfahrungen gesammelt. Der Grund unseres Tests war, uns selbst von der Funktionstüchtigkeit und Robustheit der Produkte zu überzeugen, bevor wir den Schritt wagen, sie unseren potentiellen Kunden schmackhaft zu machen.
Die Qualität einiger Solarprodukte, die wir getestet hatten, war schlecht und wir haben sie auch sofort aussortiert.

Welchen Anteil haben chinesische Solarprodukte in Äthiopien?

Zur Zeit sind chinesische Solarprodukte noch nicht auf dem äthiopischen Markt - soweit ich weiß - aber es könnte sich bald ändern.

Ist es abzusehen, dass der chinesische Markt die Preise verändern wird?

Man kann davon ausgehen, dass die Einfuhr von chinesischen Solarprodukten die Preise für Solarprodukte beeinflussen wird.

Wie ist die Qualität chinesischer Erzeugnisse im Solarbereich?

Da ich keine praktischen Erfahrungen mit chinesischen Produkten habe, kann ich mir über ihre Qualität kein Urteil erlauben.

Sind für Sie Modelle relevant, die sich auf Emissionshandel beziehen oder ist dort der bürokratische Aufwand zu hoch?

Solange die Modelle nachhaltig die Verbreitung von Solarprodukten und Anlagen in Äthiopien fördern, bin ich dafür. Es ist aber essentiell wichtig, dass Nutznießer dieser Modelle die im Solarbereich tätige Firmen sind - und nicht die Bürokratien der betreffenden Länder.

Kennen Sie eine praktische Umsetzung eines diesbezüglichen Modells?

Im Moment kenne ich keine. Ich habe auch in Äthiopien angefragt, ob es Ideen diesbezüglich gäbe. Es gibt noch keine.
Übrigens, in Deutschland ist auch noch nichts Konkretes, so weit es mir bekannt ist. Mein Vorschlag wäre, die Firmen, die in Solarbereich tätig sind, von vorneherein miteinzubeziehen.