Solarenergie für Afrika

Konferenz in Düsseldorf vom 4.-6. September 2003

Interview mit Michael Andres

Über Sterlingmotoren und warum sie eine Lösung für Afrika sein können

Können Sie mir das Prinzip des Sterlingmotors erklären?

Der Sterlingmotor ist eine ganz normale Kraftmaschine.
Der Unterschied zur Verbrennungskraftmaschine ist der, daß die Kraft nicht im Zylinder selbst erzeugt wird, sondern außerhalb des Motors.

Und da ist es vollkommen egal, woraus ich diese Wärme mache.
Hauptsache ist, es entsteht Wärme - bzw. ein Wärmeunterschied.
Die kann ich aus der Sonne machen, die kann ich aus Öl machen, die kann ich aus Holz machen. Die kann ich natürlich auch aus Benzin machen.

Das steht im Gegensatz zu einem Verbrennungsmotor.
Da kann ich nur das verwenden, was zumindest zu 99% flüssig ist und brennt.
Das Gas brennt dann ja – deshalb Gasmotor.

Da ich bei der Sterlingmaschine an keinen bestimmten Brennstoff gebunden bin, kann ich ihn einfach mit warmem Wasser und dem Temperaturunterschied zur Luft antreiben.

Was glauben Sie, was in 5 oder 10 Jahren sein könnte, wenn der Sterlingmotor sich in Afrika durchsetzen würde?

Alles, was heute in Afrika mit einem Verbrennungsmotor oder einem Elektromotor läuft, könnte duch einen Sterlingmotor ersetzt werden.

Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen würde enden.
Ich kann dann einheimische Rohstoffe verwenden - oder einen Rohstoff, der mich gar nichts kostet - die Sonne.
Ich persönlich setze beim Sterlingmotor in Afrika sehr auf die Solartechnik.

Kann ein Afrikaner, der ein Maschinenpark für seine Landwirtschaft benötigt, auf Sterlingmaschinen setzen?

Schwierig erst mal. Die gesamte Sterlingtechnik müsste erst mal soweit ausgereift sein, daß man das Ganze in Großserien bauen könnte.
Wir haben bisher hier nur Kleinserien oder Einzelstücke.

Eine Großserienproduktion könnte man in 15 Jahren aufbauen
Das wäre wahrscheinlich eine Aufgabe für Europa, und wenn sich eben in Europa niemand findet für eine Großserienproduktion, müsste man in andere Länder gehen, beispielsweise Indien oder China, in Schwellenländer.

Nicht nach Afrika selbst?

Ehrlich gesagt nein. Vielleicht Südafrika.

Warum interessieren sich Afrikaner jetzt dafür?

Der Hauptgrund ist, daß sie unabhängig werden wollen von fossilen Brennstoffen; das ist das Hauptargument.
Ansonsten laufen die Motoren einfach ruhiger und leiser. Sie sind vollkommen normal einsetzbar.

Man muß bedenken, daß die Verbrennungsmotortechnik bzw. die Elektromotortechnik in den vergangenen 75 Jahren sehr ausgereift ist.
Die Sterlingmotortechnik muß noch aufholen.

Man muß auch bedenken, daß es schwer ist, in Afrika Benzin zu bekommen.

Ja. Für Afrika wäre es ja ein Vorteil, diese Technik heute einzusetzen.
Nur, dass Afrika kann diese Technik nicht produzieren kann.
Und in Europa oder Amerika ist einfach der Bedarf dafür noch nicht da, weil einfach die fossilen Brennstoffe zu billig sind.

Es gibt ja viele afrikanische Industriemechaniker hier...die ohne weiteres so einen Motor bauen können.

Könnten sie so eine Maschine in ihrem Dorf bauen?

Nicht unbedingt im Dorf – aber beispielsweise in den Hauptstädten.
Also überall dort, wo man eine richtige Werkstatt einrichten kann – also nach europäischem Standart.
Ich weiß nicht, ob man in einem normalen Dorf Automechanikerwerkstätten hat.

Würde es sich lohnen vom ökonomischen her?

Vom ökonomischen her würde es sich lohnen, weil die Arbeitskraft preiswerter ist, als bei uns.
Der Motor würde von den Produktionskosten her unseren Großserienmotoren entsprechen - aber mit dem enormen Vorteil, daß ich die Brennstoffe einsetzen kann, die ich will.
Nicht unbedingt die, die mir irgendein Händler oder ein Konzern aufdrängt.

Gibt es in Afrika dieses Bewusstsein für Autarkie?

Das Bewusstsein ist in Afrika schon vorhanden, gerade für das autarke Leben. Es gibt ja einige politische Bewegungen, die versucht haben, Länder Afrikas autark zu machen.
Das Bewusstsein ist schon da – aber bisher scheiterte es immer an der Umsetzung.

Wo sehen Sie das Problem?

Das Problem liegt an dem zu wenig entwickelten Standart.
Damals gab es zuwenig ausgebildete Spezialkräfte. Es liegt an Infrastrukturen, an organisatorischem Denken.
Es gibt viele Gründe.

Wir sehen das ja mit unseren Augen.
Afrikaner sehen das ja ganz anders. Also soll man sie machen lassen. Afrikaner sollen ihre Organisation selbst übernehmen.

Wenn ich sage: Afrikaner – du bist hier ausgebildet worden – du bist jetzt guter Industriemechaniker – hier hast du einen Plan.
Und vielleicht noch helfe, ein Lager aufzubauen, wo man ihm die wichtigsten Materialien in die Hand gibt.
Aber alles kann doch nach afrikanischen Organisationsformen laufen.

Warum soll es nicht funktionieren? Es käme auf einen Versuch an.

Gibt es ein Beispiel dafür?

Es gibt ja viele Kleinprojekte in Afrika, die besser funktionieren als diese Großprojekte.
Was nützt es, einen riesigen Staudamm zu bauen, der Milliarden von Euro kostet und wo Leute umgesiedelt werden müssen, wenn ich das Gleiche damit erzielen kann, indem ich eine Kleintechnik betreibe?

Mir ist es zum Beispiel bekannt, daß die Energiesparöfen in Ostafrika sehr gut angenommen worden sind und die auch sehr gut laufen.
Das bedurfte nur einer Initialzündung. Und das ist in Afrika ein Selbstläufer.

Wer steckte dahinter?

Im Prinzip der österreichische Kachelofenverband.

Warum kann der Sterlingmotor eine Lösung für Afrika sein?

Weil ich unabhängig bin von petrochemischen Produkten – wenn ich das jetzt im Vergleich zu einer normalen Motorpumpe sehe - bzw. bin ich unabhängig von Photovoltaik.
Um so eine Pumpe zu betreiben, brauche ich eine Photovoltaikanlage, die mich 25.000 Euro kostet.

Wie abhängig ist man von Importprodukten, wenn man Sterlingmotoren in Afrika herstellen will?

Wahrscheinlich im Moment zu 100 %, aber die Technik ist beherrschbar.
Wenn einer darin ausgebildet ist, ist das auch im Land herstellbar.

Haben Sie schon mal gehört, daß sich Afrikaner sich für diesen Motor interessieren?

Nein, habe ich noch nie gehört.
Der Sterlingmotor ist ja nur in gewissen Kreisen bekannt.

Man muß auf der einen Seite die Lobby der konventionellen Motorenhersteller überwinden, und auf der anderen Seite die als Alternativtechnik gepriesene Photovoltaik.

Wo sitzen die Leute, die sich mit Sterlingmotoren auskennen?

Ich kenne welche an Hochschulen, dann Kleinwächter aus Lörrach.
Wer am weitesten damit ist, ist die Firma Solo Kleinmotoren.
Die bauen konventionelle Motoren – Rasenmäher, Mopeds, Mofas und so was.
Und die haben sich dieser Technik angenommen und jetzt einen Motor zur Marktreife gebracht.

Könnte ein Industriemechaniker oder Kfz-Mechaniker Sterlingmotoren bauen?

Wenn er gut ist, ja. Sie müssen natürlich das Wissen des Sterlingmotors haben, das sie in einer normalen Ausbildung nicht bekommen. Das geht nur mit einer Zusatzqualifikation.

Kann man die in einem Fernstudium erwerben?

Als Studiengang ist es mir nicht bekannt.

Wo sitzen dann die Spezialisten?

Die Spezialisten sitzen in der Forschung.

Wie kann man sich dann dieses Wissen erwerben?

Diese Wissen kann man sich praktisch nur durch Bücher erwerben.
Das Praxiswissen aus der konventionellen Motortechnik hilft aber, nach Plänen die Sterlingmotoren zu bauen.

Lehrlinge von Kfz-klassen bauen ja auch kleine Dampfmaschinen und was man klein bauen kann, kann man auch groß bauen.
Aber es ist halt nicht der Stand unserer Ausbildung hier in Europa.

In welchen Bereichen ist der Sterlingmotor einsetzbar?

Ich kann es für alles verwenden, wo ich eine drehende Bewegung brauche.
Weil das halt ein Motor macht.

In einer Heizung in Afrika habe ich keinen Motor. Also brauche ich für eine Heizung keinen Sterlingmotor.
Theoretisch kann ich ein Blockheizkraftwerk mit einem Sterlingmotor betreiben. Und da fällt dann beides an: Strom und heißes Wasser.

Warmes Wasser nämlich zum Kühlen des Motors. Und elektrische Energie dadurch, daß der Sterlingmotor einen Dynamo antreibt, einen Generator. Oder eine Lichtmaschine.

Wie arbeiten denn Kühlschränke?<

Kühlschränke arbeiten immer nach dem Sterlingprinzip, auch jetzt schon. Es ist das gleiche Prinzip, wo Wärme in Kälte umgewandelt wird.
Man arbeitet auch da mit einer Temperaturdifferenz.

Der Sterlingmotor ist ideal für die Kältetechnik.
Ein Kühlschrank ist im Prinzip ein ganz primitiver Sterlingmotor.

Dann ist es doch ein Umweg, über Strom zu kühlen!

Ja, da geht man besser direkt in die Absorbtionstechnik.

Ist das schon gebaut?

Ja, aber immer nur als Einzelstücke. Das ist das ganze Problem der Sterlingmotoren.
Es gibt Tausende von Projekten, aber alle sind nur Klein- oder Kleinstserien.
Was mir bekannt ist, wer am weitesten ist, ist die Firma Solo.

Wo werden Kühlschränke, die Sterlingmotoren sind, am besten eingesetzt?

Beispielsweise könnte es ein Kühlraum sein – ein großes Kühllager für eine Fischgenossenschaft.

EG-Solar hat doch auch einen im Angebot.

Die haben noch ein anderes System im Angebot.
Da wird mit Zeolith gearbeitet.
Das Kühlen wird mit Zeolith gemacht, das dadurch naß wird, und um das wieder zu trocknen, wird Solartechnik benutzt.

Eine hochinteressante Sache, beispielsweise für den Transport von Medikamenten.
Eine große Kühlbox kann man damit kalt machen, auf Stunden und damit in die Dörfer fahren.

Wie würden Sie einen Kühlschrank für eine Familie bauen?

Das würde ich über die normale Solarthermie laufen lassen.
Es geht immer darum, diesen Effekt auszunutzen, daß ich Kälte umwandle in Wärme. Jede Kältemaschine braucht Wärme.

Der Kühlschrank holt die Wärme aus den Produkten raus und gibt sie hinten ab.
Die Rippen hinten werden warm.
Interessant ist auch: Die Rückseite vom Kühlschrank kann man als Solarabsorber nehmen.

Könnten Sie Afrikaner auch ausbilden, Kühlschränke zu bauen?

Ja. Kühlschrank ist kein großes Geheimnis.
Es erfordert nur ein anderes Denken - weil man in Wärme und zusätzlich noch in Kälte denken muß.

Könnten Sie so einen Kurs danach auch anbieten?

Theoretisch ja.
Die solarthermische Anlage ist die Basis dafür. Und darauf kann sich alles Andere aufbauen.

Würde der Kühlschrank auch in Afrika so einfach herstellbar sein, wie eine solarthermische Anlage?

Es müsste machbar sein, ja. Man müsste mit anderen Rohstoffen arbeiten, aber es ist mit Sicherheit machbar.

Es gibt ja auch Kühlschränke, die arbeiten auf Erdgasbasis. Ich spare mir damit Umwandlungsstufen.
Warum sollte ich erst aus Erdgas Strom machen und dann erst Kälte? Warum nehme ich nicht gleich das Erdgas?

Wir nehmen doch nur Strom, weil der Strom halt da ist. Weil er greifbar ist.
Deshalb ist für uns der Strom so was natürliches.

Darum sagen wir: Wir kommen ohne Strom nicht aus.
Und darum wollen wir den Afrikanern unbedingt die Photovoltaik verkaufen – weil für uns Strom das allerhöchste ist und für Afrikaner erst recht.

Dass es hunderttausend Techniken gibt, wofür ich Strom überhaupt nicht brauche – darüber macht sich gar keiner Gedanken.

Das sind dann immer so Projekte, die einfach irgendwo in der Ecke liegen.
Erfinder und Tüftler haben sie sich mal ausgedacht, aber nie zur Serienreife gebracht.
Weil alles über Strom läuft.