Solarenergie für Afrika

Konferenz in Düsseldorf vom 4.-6. September 2003

Interview mit der Mitorganisatorin der Konferenz, Ursula Ströbele

Die Verbreitung von Solarkochern in Afrika: Dafür ist eine Zusammenarbeit von Technikern und Afrikaner von Nöten. Auch kulturelle Aspekte sollten dabei berücksichtigt werden. - von Saskia Zeller

Das ist einleuchtend: Die Nutzung von Sonnenenergie in Afrika. Bisher mangelt es allerdings an Kooperationen zwischen deutschen Solartechnikern und Afrikanern. Wie erklären Sie sich das?

Zunächst halte ich das für einen Mangel an Erfindungsgeist in Sachen Kommunikation. Wer technisches Verständnis hat, wird nicht gleich ein Vermittler sein können. Kommunikations- und Umgangsformen, die in Europa funktionieren, funktionieren noch lange nicht in Afrika. Techniker und auch Entwicklungshelfer können da sehr schnell an ihre Grenzen stoßen. Darüber hinaus gibt es auch unterschiedliche örtliche Begebenheiten innerhalb Afrikas, so dass nicht überall die gleichen Methoden angewendet werden können.

Wäre es sinnvoll, wenn Solar-Produkte vor Ort von Afrikanern hergestellt würden?

Ich weiß nicht, ob es wichtig ist, dass sie vom Schreiner um die Ecke gemacht werden. Es könnte sogar besser sein, wenn fertige Kochkisten importiert werden - aber der Schreiner um die Ecke sollte sie schon reparieren können.

Eine heimische Produktion von Boxkochern würde aber doch eine größere Autonomie für die Afrikaner bedeuten ...

Richtig. Die Eigenproduktion, die ja nicht auf Import angewiesen wäre, würde die Afrikaner wirtschaftlich unabhängiger machen. Das ist natürlich wichtig für die dortigen Volkswirtschaften und auch vom politischen Gedanken her nachvollziehbar. Es ist nur die Frage, ob ausgerechnet der Export der Solarkocher, welcher keinen großen finanziellen Gewinn erwarten läßt und mit dessen Hilfe auch Umweltkatastrophen vermieden werden sollen, - ob ausgerechnet ein solches Produkt der Ausgangspunkt für nationale Produktionskultur sein sollte. Es gäbe wahrscheinlich hunderte von anderen Produkten, bei denen Afrikaner sagen könnten: Da wollen wir keine Importabhängigkeit - das wollen wir selber machen.

Wie steht es mit der Möglichkeit, Importe möglichst niedrig zu halten?

Ja, natürlich. Einige Organisationen arbeiten auch schon so. Aber für eine industrielle Produktion in Afrika müsste erst einmal ein geordneter Ablauf gewährleistet sein. Der Aufbau von Lizenzbetrieben könnte meiner Meinung nach eine Lösung darstellen. Auf diese Weise könnte sich die Produktion peu a peu nach Afrika verlagern.

Was bedeutet Lizenzbetrieb?

Eine Lizenzierung bedeutet, dass beispielsweise ein afrikanisches Unternehmen - an dem der deutsche Produzent eine geringe Beteiligung halten kann - auf der Basis von Schutzrechten und Patenten und mit technischer Beratung die Produktion vor Ort aufbaut. Dann würden die Afrikaner nicht nur basteln sondern auch selbst produzieren. Im Übrigen könnte eine industrielle Produktion die Verbreitung von Boxkochern beschleunigen. Schon zur Vermeidung der Transporte wäre eine Produktion in Afrika mittelfristig und langfristig sinnvoll.

Gehen Sie davon aus, dass nach dem Aufbau die Produktion in Afrika dann selbstständig weiter läuft?

Der Aufbau ginge wahrscheinlich nur mit Begleitung. Aber gleichzeitig steht die Frage im Raum, warum das nicht möglich sein sollte - die Forderung danach wird von den Afrikanern während der Konferenz sicher erhoben werden.

Inwieweit unterscheidet sich der Solartechniktransfer nach Afrika von normalen Handelsbeziehungen?

Die Motivation ist eine andere. Es geht nicht darum, einen Markt zu erobern, sondern um Vorteile für Mensch und Umwelt weltweit zu erzielen. Die strategische Aufgabenstellung bleibt aber die gleiche. Es geht um Produktverbreitung. Um eine Verbreitung von Boxkochern im großen Stil zu ermöglichen, müsste das Produkt für die Afrikaner erschwinglich sein. Eine Reduzierung des Preises lässt sich ja nur durch eine industrieller Massenproduktion erreichen.

Kommen Hightech-Produkte in Afrika gut an?

Ich glaube, dass es Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg des Techniktransfers hat, ob die Produkte äußerlich etwas hermachen oder nicht. Ein staubiger Gegenstand beeindruckt nicht. Wenn er glänzt, ist das schon besser. Dieser Aspekt ist sicher auch Technikern in Deutschland leicht vermittelbar. Wenn jemand mit einem Toyota ankommt und den hinstellt, dann ist das Wow. Aber bei so einer Kiste, wo es heiß drin wird?

Wie müsste Ihrer Meinung nach so ein Boxkocher aussehen?

Er muss vielleicht so durchgestylt sein wie ein Nike-Schuh. Er muss einfach chic aussehen, etwas darstellen, was Cooles haben. Das hat mit Psychologie zu tun, nicht mit Nutzen und Weitsicht. Wenn Afrikaner nach Deutschland kommen um zu studieren, dann wollen sie nicht ohne Auto nach Afrika zurück. Da müssen coole Klamotten und ein cooles Auto her. Das ist so. Da kannst du nicht mit anderen Sachen kommen. Außerdem: in eine arme Gegend etwas zu bringen, das auch noch arm aussieht . Das wird nicht funktionieren. Wer soll das haben wollen?

Soll die Solar-Konferenz als Mittler zwischen deutschen Technikern und den Bedürfnissen der Afrikaner fungieren?

Ja. Wir Veranstalter der Konferenz möchten Interesse wecken und praktische Hilfestellungen geben. Die Solartechnik in Afrika an den Mann und an die Frau zu bringen, fordert einen Dialog zwischen den sehr unterschiedlichen Kulturen. Es muss für die Techniker hier doch frustrierend sein, etwas geschaffen zu haben, was so wunderbar ist, und da wo es gebraucht wird, will es trotzdem keiner haben. Bevor in Deutschland ein Produkt auf den Markt geht, wird auch immer nachgeforscht, ob die potenziellen Kunden seine Eigenschaften zu schätzen wissen. Im Notfall wird nachgebessert.

Was würden Sie den Technikern raten, damit ihre Produkte in Afrika besser ankommen?

Vielleicht mehr Pragmatismus. Wer vorankommen will, muss sich an den Nutzern orientieren. Mit der Konferenz schaffen wir einen runden Tisch, an dem solche Dinge besprochen werden können. Übrigens: Als Künstlerin habe ich damit Erfahrung. Wenn ich mich nicht selbst vermarkten kann, dann muss ich mir jemanden suchen, der das für mich erledigt. Ganz einfach. Nur selbst von vom eigenen Produkt überzeugt zu sein, reicht nicht.

Sie haben zu Ihrer Konferenz auch eine Referentin von UNIFEM eingeladen. Gibt es Unterschiede im Konsumverhalten von Männern und Frauen?

Sicher. Frauen sind misstrauisch. Das ist ihre zweite größte Eigenschaft neben der Intelligenz.