Zur Zeit arbeiten im Institut etwa 350 Mitarbeiter zu regenerativen Energien. Es gilt als das größte europäische Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Solarenergie. Wenn Sie mehr dazu wissen wollen, können Sie gerne im Internet die Seite www.ise.fhg.de besuchen.
Da wir hier in einer Universität sind, kann ich gleich dazu sagen: Wir, die Fraunhofer Institute sind keine universitären Institute, aber gleichwohl kann man an dem Institut Diplomarbeiten oder Doktorarbeiten schreiben. Bei uns sind Studenten aus sehr vielen Fachhochschulen und Universitäten zusammen. Das ist sehr gut, weil Solarenergie ein interdisziplinäres Thema ist. Insofern gibt es sehr viele interessante Themen und Möglichkeiten um Diplomarbeiten zu schreiben.
Jetzt zur Frage “Meerwasserentsalzung mit Sonnenenergie”.
Das sind die Fragestellungen die ich versuchen möchte ein bisschen darzustellen. Ich finde es immer hilfreich, wenn ich über Meerwasserentsalzungsmöglichkeiten nachdenke, zwei Fälle zu unterscheiden für die spätere Anwendung:
Der eine Fall ist der, dass entsalztes Wasser benötigt wird in einem Gebiet in dem die Infrastruktur gut entwickelt ist. Der andere Fall ist, dass diese Infrastruktur nicht gut entwickelt ist.
Ich glaube, dass die technischen Möglichkeiten für den zweiten Fall nicht die gleichen sind. Es ist sehr wichtig, wenn man sich mit Meerwasserentsalzung beschäftigt, das auch im Kopf voneinander zu trennen. Gerade dann, wenn man über Kosten, Kapazitäten, technischen Möglichkeiten und Schwierigkeiten redet ist es wichtig zu unterscheiden, ob man über Systeme für infrastrukturell gut entwickelte Gebiete und Städte redet oder für ländliche Gebiete mit einer weniger gut entwickelten Infrastruktur.
Wenn die Infrastruktur gut entwickelt ist, folgt daraus zwangsläufig, dass dort größere Systeme sinnvoll sind. Dort sind fossile konventionelle Energien vorhanden und verfügbar. Gleichzeitig ist dort der Wasserbedarf hoch. Deutlich höher als 20 Kubikmeter pro Tag.
Auf der anderen Seite, in infrastrukturell nicht gut entwickelten Gebieten sind kleine und dezentrale Systeme wahrscheinlich wesentlich erfolgreicher. Das ist zumindest die These von mir.
Dort ist es sehr wohl möglich und auch sehr sinnvoll erneuerbare Energien einzusetzen. Das ist einerseits eine Frage des erreichten Technologiestandes, andererseits ist es sehr abhängig davon, welche der erneuerbaren Energien dort gut angeboten werden können.
Es kann in einigen Fällen für thermische Kollektoren, in anderen für Fotovoltaik-Anlagen sprechen – das System mit dem Strom aus Sonnenenergie gewonnen wird – oder in vielen Fällen könnte der Wind die besten Möglichkeiten bieten.
Gleichzeitig ist es so, dass in den infrastrukturell nicht gut entwickelten Gebieten wahrscheinlich der Wasserbedarf für diese Anwendung niedrig ist. Ich glaube, dass diese kleinen und dezentralen Systeme zur Meerwasserentsalzung sinnvoll einzusetzen sind für Bereiche von 100 Liter bis 20 Kubikmeter (20.000 Liter) pro Tag.
Welche technischen Verfahren zur Meerwasserentsalzung gibt es überhaupt? (Unabhängig von der Frage: Regenerativ betrieben oder nicht regenerativ betrieben?)
Ich möchte Ihnen einen kleinen Überblick geben, damit Sie ein Gefühl dafür bekommen. Bei den großtechnisch genutzten Meerwasserentsalzungsverfahren gibt es zwei große Gruppen: thermisch angetriebene Verfahren und elektrisch angetriebene Verfahren.
Ich fange an mit den thermisch angetriebenen Verfahren. Der Begriff der Destillation (destilliertes Wasser) ist ja wohl bekannt. Letztendlich sind alle thermisch angetriebenen Verfahren Destillationsverfahren.
Man läst Wasser verdunsten und den Dampf wieder kondensieren. Dadurch, dass nur das Wasser verdampft, erhält man sehr gut destilliertes Wasser. Es ist sehr, sehr reines Wasser.
Das ist genau das Verfahren mit dem wir von der Natur - durch Sonnenenergie angetrieben - unser Trinkwasser aufbereitet bekommen. Jeder von uns auf der Welt. Dieser globale Kreislauf des Wassers hat mich schon in der Schule fasziniert. Ich haben da zum ersten Mal kapiert, dass die Welt wirklich klein ist.
Das Wasser, das es auf der Erde gibt, ist immer das gleiche Wasser. Wir nutzen und verbrauchen es angeblich, aber in Wirklichkeit ist das Wasser immer da und die Sonne reinigt es immer wieder aufs Neue für uns.
Das Wasser aus den Meeren verdunstet durch die Energie der Sonne. Dann bilden sich Wolken. In Gebieten, in denen der Wasserdampf abgekühlt wird, rekondensiert er. Es regnet und wir bekommen das frische Trinkwasser, das wir verwenden können. Es fließt in den Flüssen wieder zurück ins Meer. Das ist dieser globale Kreislauf des Wassers.
Dieser Prozess der Verdampfung und der Kondensation ist letztendlich der grundlegende Prozess in allen thermischen Entsalzungsverfahren. Es ist wichtig zu wissen, dass die spezifische Verdampfungsenergie von Wasser sehr hoch ist. Ich benötige 700 kWh, wenn ich ein Kubikmeter Wasser verdampfen möchte. Das ist viel.
Der Energieinhalt von einem Liter Öl oder Benzin beträgt grob 10 kWh. Das heißt, um ein Kubikmeter Wasser zu verdampfen brauche ich 70 Liter Benzin. Sie sehen daran, mit wie viel Energie die Sonne in diesen globalen Kreislauf die ganze Zeit arbeitet.
Es ist eine der großen technischen Herausforderungen, möglichst geschickt Energie aufzuwenden für die Verdunstung des Wassers.
Bei der Meerwasserentsalzung hängt diese Energie nur wenig vom Salzgehalt ab. Sie hängt auch nur ein bisschen von der Temperatur des Wassers ab. Der große Anteil steckt direkt in der Energie der Verdampfung.
Ich möchte versuchen das Grundprinzip bei den großtechnisch genutzten thermischen Wasserentsalzungsanlagen zu erklären. Das Ziel dabei ist – wie ich schon sagte – eine möglichst gute Nutzung der zurückgewinnbaren Kondensationswärme.
Ich muss zwar für die Verdunstung diese 700 kWh pro Kubikmeter Wasser an Energie aufbringen, doch zum Glück gewinne ich genau diese 700 kWh bei der Kondensation des Wasserdampfes wieder.
Wenn ich unheimlich clever wäre und irgendetwas erfinden könnte, um genau diese gewonnene Energie ohne Verlust wieder unten für die Verdampfung einzusetzen, hätte ich ein Perpetuum mobile und würde keine Energie mehr zusätzlich brauchen.
Das geht natürlich nicht. Viele dieser Prozesse sind irreversibel. Aber das Ziel ist immer eine möglichst gute Nutzung der Kondensationswärme.
Es gibt zwei große Verfahren, die eingesetzt werden: Multi Effect Destillation (MED) oder Multi Stage Flash (MSF).
Hier ist ein Schema dargestellt für diese Entspannungsverdampfung (MSF). Das ist ein Vakuumverfahren. In z. B. dieser Kammer herrscht ein bestimmter Unterdruck . Außerdem fließt das zu entsalzende Wasser erst durch ein Wärmetauscher, bevor es in die Kammer reingelassen wird.
Das Wasser wird mit einer Temperatur von 110ºC in diese Kammer geleitet. Wir nehmen jetzt mal an, sie würde genau auf Atmosphärendruck stehen (ein bar). Sie wissen, dass Wasser bei einer Atmosphäre bei 100ºC kocht. Sobald das Wasser in diese Kammer mit einer Atmosphäre Druck hinein kommt, entspannt es schlagartig und verdampft.
Die Kammer ist sofort voll mit Wasserdampf. Der kondensiert an der kältesten Stelle, dem Wärmetauscher. An der Oberfläche dieser Rohre bilden sich Tropfen. Die tropfen ab und bilden das destillierte Wasser .
Genau an dieser Stelle sorgt die Wärme, die für die Verdampfung benötigt wird dafür, dass die Energie des abkühlenden Meer- oder Salzwassers wieder zurückgewonnen wird. Wenn man möglichst viel zurückgewinnen kann, braucht man nur wenig nachzuheizen um diesen Prozess aufrechtzuerhalten.
Die Vorgehensweise ist, dass man viele Effekte hintereinander schaltet. Wenn die erste Kammer bei einem bar gearbeitet hat, versuchen wir anschließend das etwas abgekühlte Wasser in eine neue Kammer zu pumpen, deren Druck es wieder verdampfen lässt. Wenn ich das geschickt mache, gewinne ich möglichst viel der Energie zurück.
Letztendlich schafft man es mit den großen Anlagen, dass man anstelle der 700 kWh nur etwa 30 kWh pro Kubikmeter benötigt für die Entsalzung. Diese Anlagen sind riesig. Sie haben ein Kraftwerk und verwenden dessen Abwärme für den Antrieb dieses Verfahrens. Eine solche Anlage gibt es in Abu Dhabi mit 350.000 Kubikmetern pro Stunde.
Wir haben eine andere Anlage besichtigt in Las Palmas de Gran Canaria. Las Palmas Uno ist eine der ältesten großtechnischen Meerwasserentsalzungsanlagen in Europa. Sie wurde 1970 aufgebaut und hatte eine angenommene Lebensdauer von 20 Jahren. Sie hat aber in der Tat 30 Jahre lang gearbeitet und ist sozusagen ein Schmuckstück aus dem Historischem Museum der funktionierenden großtechnischen Meerwasserentsalzungsanlagen.(Sie wurde mittlerweile stillgelegt).
Diese Einheit hatte die Kapazität von 20.000 Kubikmetern pro Tag und auch einen niedrigen spezifischen Energiebedarf von 30 kWh thermisch pro Kubikmeter.
Die Angabe 10-20 ppm tds gibt an wie hoch der Rest Salzgehalt im destillierten Wasser ist. In allen thermischen Verfahren ist das sehr gering. Trinkwasser hat einen Salzgehalt von etwa 500 ppm. Wenn Sie einen Wasserhahn aufdrehen, kommt da kein destilliertes Wasser raus, sondern Trinkwasser mit Salzgehalt.
Am gleichen Standort Gran Canaria hat eine neue Anlage Las Palmas Uno ersetzt.
Nun sind die elektrisch angetriebenen Verfahren an der Reihe. Neben der Möglichkeit Wasser zu verdampfen und wieder zu rekondensieren gibt es auch die Möglichkeit der Reversen Osmose.
Um sich ein Bild davon zu machen kann man einfach sagen: Ich nehme Salzwasser und drücke es durch ein Sieb oder Membran. Die Membran trennt eine konzentrierte und eine verdünnte Lösung voneinander. Es stellt sich eine Druckdifferenz zwischen den beiden Lösungen ein, die abhängig ist von den Eigenschaften des gelösten Stoffes.
Wenn Sie die Konzentration ändern, z. B. indem Sie die Substanz dazugeben und die Konzentration erhöhen, dann sinkt hier der Druck. Die Reverse Osmose (oder Umkehrosmose) ist der Prozess bei dem auf der konzentrierten Lösung solch ein Druck aufgebracht wird , dass dieser osmotische Druck überwunden wird und die Lösung durch diese Membran hindurch von der konzentrierten Lösung in die verdünnte Lösung übergeht.
Für jede Substanz ist ein unterschiedlicher osmotischer Druck angegeben. Natriumchlorid – ein Hauptteil des Salz des Meerwassers – hat im Meerwasser eine Konzentration von 30 g pro Liter. Der Salzgehalt des Meerwassers auf der Welt ist relativ gleich. Doch es gibt natürlich auch Unterschiede. Da müsste man auch bei höherer Konzentration auf höheren Gegendruck kommen, um die Reverse Osmose laufen zu lassen.
In diesem Fall liegt der Grenzdruck bei 30 bar. Typischerweise werden die großtechnischen Anlagen im Bereich von 80 bar betrieben.
Ich zeigen Ihnen einen Schnitt durch ein Membranmodul. Es gibt nicht nur eine Membran, die das Meerwasser von dem Süßwasser trennt. Es sind viele hintereinander gewickelt.
Die Rohre sind fünf Meter lang. Ich weiß nicht wie viel hundert davon zu einem Block zusammengeschaltet und mit einer Hochdruckpumpe beschickt werden. Hier sehen Sie die Größe der Primärfilter. Das ist nur der Filter mit dem das Meerwasser direkt aus dem Brunnen oder der Anlage, aus der das zu entsalzende Meerwasser entnommen wird, gefiltert wird.
Bei der Reversen Osmose brauche ich den elektrischen Energieantrieb um diese Hochdruckpumpe betreiben zu können. Der Prozess ist energetisch gesehen viel sparsamer als die thermischen Prozesse. Typischerweise benötigen die Reverse-Osmose-Anlagen um die 5 kWh elektrischer Energie pro Kubikmeter entsalztes Wasser.
Die große Herausforderung bei der Weiterentwicklung der Reversen Osmose ist die Handhabung der Filter- und Dosierungsprozesse von zusätzlich benötigten Chemikalien, die eingesetzt werden, um die Membranen zu schützen vor fouling und scaling.
Eine andere, kaum angewendete Möglichkeit der elektrisch angetriebenen Meerwasserentsalzung ist die Elektrodialyse. Meistens findet man die Abkürzung EDR dafür. Wie gesagt, diese Technologie wird, außer in Versuchsanlagen, für die Entsalzung von Meerwasser so gut wie nicht eingesetzt.
Dieses Verfahren wird hauptsächlich eingesetzt um Brackwasser mit deutlich niedrigerem Salzgehalt (1.500-3.500 TDS) als Meerwasser zu entsalzen. Dieses weniger salzhaltige Wasser hat tatsächlich auch einen niedrigerern spezifischern Energiebedarf für die Entsalzung.
Das Wasser fließt zwischen den beiden Flächen eines Kondensators. Die eine Seite des Kondensators ist positiv und die andere negativ. Die Salzionen (Natrium+ und Chlorid-) werden jeweils an die entsprechenden Platten gelenkt.
In der Mitte bildet sich dann ein Bereich der weniger mit Natrium und Chlorid belastet ist.
Wenn man auf diese Weise viele Wege hintereinander schaltet, erhält man schließlich nicht ganz reines aber doch abgereichertes Meerwasser.
Es ist eine Frage des Aufwandes, wie rein man das Endprodukt haben möchte.
In den USA wird EDR in großem Umfang genutzt um Wasser zu entsalzen, wenn dieses zu salzig ist um es weiter in der Landwirtschaft zu nutzen.
Eine kleine EDR-Anlage in Spanien wird mit Strom aus Windenergie betrieben. Durch Umschalten des elektrischen Feldes wird versucht die Verschmutzung der Membranen zu reduzieren. Hohe Spannungen müssen sehr oft geschaltet werden.
Die thermischen Verfahren (MED und MSF) haben einen typischen Energiebedarf von 20-40 kWh pro Kubikmeter thermischer Energie (an Wärme) plus nochmal 5 kWh pro Kubikmeter elektrischer Energie zum Antrieb der ganzen Pumpen.
Bei der Reversen Osmose ist der Energiebedarf an Elektrizität bei 3-5 kWh deutlich niedriger.
Aber all diese Zahlen gelten nicht für die solarbetriebenen, sondern nur für die großtechnisch betriebenen Systeme.
Die Frage ist, können diese großtechnischen Verfahren einfach verkleinert und mit Solarenergie betrieben werden? Es ist nicht möglich. Es gibt auch wirklich wichtige Gründe, weshalb der Energieverbrauch und die Wassergestehungskosten der großen Anlagen nicht mit denen der kleinen verglichen werden dürfen.
Ich nenne drei Gründe: Solarenergiebetriebene Systeme sind diskontinuierlich betriebene und haben nur eine diskontinuierliche Energieversorgung. Sie bedürfen deswegen einer wesentlich aufwendigeren Betriebsführung.
Die anderen Anlagen laufen Tag und Nacht - 24 Stunden - immer mit den gleichen Betriebsbedingungen, immer mit gleicher Einlauftemperatur. Mit viel Geld, Reglungstechnik und Fingerspitzengefühl wird genau das optimiert.
Man würde fürchterlich auf die Nase fallen, wollte man das übertragen auf ein System das mit Photovoltaik funktioniert und möglichst überhaupt keinen Speicher hat. Das ist auch in vielen Forschungsprojekten passiert.
Außerdem sind für die kleinen, dezentralen Systeme keine wartungsintensiven und anfälligen Techniken möglich. Vakuumtechnologie ist wirklich eine anfällige Technologie. Es ist gut, wenn man diese nicht benötigt. Regelung ist im wesentlichen nach den meteorologischen Bedingungen auszuführen und nicht so sehr nach den Bedürfnissen des Prozesses.
Welche verschiedene Ansätze gibt es bei den kleinen dezentralen Systemen? Ich möchte zunächst Anmerkungen dazu machen.
Wir sind daran interessiert, solarenergiebetriebene Anlagen zu entwickeln, die energieautark sind und den dezentralen Aspekt von Sonnenenergie auch wirklich intensiv nutzen.
Die Anlagen müssen wartungsarm sein. In einer dezentralen Anlage kann ich nicht davon ausgehen, dass da Techniker zur Verfügung stehen, die irgendwelche Optimierungs- oder Regelungsprobleme lösen können.
Sie sind energieautark und wartungsarm und dadurch auch stand-alone-fähig. Sie müssen über lange Zeit ihren Dienst machen. Der Energiebedarf ist sicher immer ein großer Punkt aber noch wichtiger ist, dass es Systeme sind die reibungsfrei und gut funktionieren.
Dazu ist einerseits eine Optimierung aber in vielen Fällen eigentlich eine Neuentwicklung von Komponenten notwendig. Es ist auch notwendig, dass man ganze Anlagen erprobt. Es ist nicht sinnvoll sich mit der Verbesserung von einzelnen Aspekten zu befassen, denn alles steht und fällt damit, ob man es schafft eine komplette Anlage gut zu betreiben.
Wenn ich Sonnenenergie zur Verfügung habe ist es auch sehr hilfreich zwischen PV-versorgten und thermisch angetriebenen Entsalzungsanlagen zu unterscheiden.
Bei den PV-versorgten gibt es Arbeiten zu kleinen reversen Osmose-Systemen, die über Solarzellen versorgt werden. Sie verwenden die gleichen Membranen wie bei der großtechnisch angetriebenen Reversen Osmose. Wie ich bereits schon erwähnte, gibt es auch Ansätze dazu, Elektrodialyse für die Meerwasserentsalzung zu entwickeln.
Bei den thermisch angetriebenen solaren Verfahren möchte ich kurz auf Solardestillen eingehen. Ich werde dann auch zu den Feuchtstromdestillen und schließlich zu der Membrandestillation etwas sagen.
Als nächstes kommt die PV-versorgte Reverse Osmose. Ein Beispiel dafür ist ein Testgelände eines unserer Projektpartner (ITC) auf Gran Canaria. Bei dieser Anlage wurden 50 m2 Solarzellen aufgebaut mit 4,8 kW Leistung. Dieses Solarzellenfeld treibt eine Reverse-Osmose-Anlage an.
Eine Herausforderung bei den großen Anlagen - und bei den kleinen Anlagen noch mehr - ist die vielen Chemikalien zu reduzieren, die für den Schutz der Modulmembran notwendig sind und die ebenfalls nach dem Entsalzungsprozess wieder über chemische Prozesse rausgeholt werden müssen.
Die große Aufgabe ist dabei die Lebensdauer der Module nicht gleichzeitig zu reduzieren.
Ein Ansatz dazu ist, dass man Modulrückspülung betreibt. Bei Solarenergie kann es immer wieder dazu kommen, dass man die Anlage kurzzeitig abschalten muss. In diesen Fällen wird mit vorher entsalztem Wasser das Modul rückgespült. Dadurch versucht man die Lebensdauer der Membran zu verlängern.
Das System hat, obwohl es klein ist, eine Kapazität von 400 Liter pro Stunde. Im Labor werden 5,5 kWh elektrischer Energie pro Kubikmeter erreicht.
Ich werde jetzt nochmal die Entwicklungsaktivitäten in Hinblick auf die Reduzierung des Energieverbrauchs zusammenfassen:
Durch Druckrückgewinnung ist man im Labor schon zu Werten von 3,3 kWh pro Kubikmeter gekommen.
Ein Ziel ist die Reduzierung des Aufwandes zur Konditionierung des Meerwassers das zu entsalzen ist, wobei man da in Kauf nimmt, dass die Lebensdauer der RO-Module geringer wird. Dies gerät in Konflikt mit der gewünschten Wartungsarmut.
Am Energiemanagement der Betriebsführung, d. h. der Dimensionierung des Batteriespeichers, Anzahl der Anfahrvorgänge - die auch eine Belastung für das Modul sind - und die Druckbelastung der Reversen Osmose.
Daran wird gearbeitet bei solarbetriebenen RO-Entsalzungsanlagen.
Jetzt komme ich zu den thermischen, mit Sonnenenergie betriebenen Verfahren. Ich fange an mit den Solardestillen.
Die erfolgreichste Anlage, von der ich gelesen habe, ist 1880 gebaut worden von einem schwedischen Bergbauingenieur. Er hat nicht Meerwasser, sondern, ich glaube, Wasser aus einem Berg entsalzt, das massiv vergiftet war. Die einzige Möglichkeit diese Mine zu betreiben war das Wasser über so eine Solardestille für die Bergarbeiter aufzubereiten. Die Anlage lief 20 Jahre lang und wurde geschlossen, als die Eisenbahnlinie fertig war, denn dann wurde es billiger Trinkwasser dorthin zu transportieren.
Das Grundprinzip ist, dass Wasser in einem flachen Becken, das mit Glasscheiben abgedeckt ist, verdampft und an den kalten Glasscheiben kondensiert. Es bilden sich Tropfen die gesammelt werden.
Unter den europäischen Forschungsprojekten, hauptsächlich in Griechenland, wurde unter anderem an einer sehr großen Anlage in Patmos gearbeitet. Sie haben sich alle nicht bewährt. Da sie sehr wartungsintensiv sind, liegen die wesentlichen Schwierigkeiten in den sehr hohen Betriebskosten.
Unter denen, die wirklich gut und über lange Jahre hinweg erfolgreich betrieben werden konnten, ist die Anlage in Porto Santo. Diese steht neben einem Sonnenobservatorium. Die Wissenschaftler aus diesem Observatorium haben die Anlage selber betrieben.
Ich möchte nun das Prinzip der Feuchtluft-Gegenstromdestille erklären. Dieses Prinzip haben wir auch in einem Projekt eingesetzt. Herr Dr. Uchtmann wird morgen ausführlich darüber berichten, deswegen erwähne ich es jetzt nur kurz.
Es ist ein geschlossener Behälter, so groß wie ein Schrank. Es wird keine Vakuumtechnologie benötigt, der Behälter soll nur luftdicht sein. In dem einen großen Bereich wird über große Tücher heißes Wasser verdunstet. Das einfließende Wasser hat typischerweise eine Temperatur von 80ºC. Auf der anderen Seite befinden sich Kondensatoren, die von kaltem Meerwasser durchströmt werden.
Heiße, feuchte Luft hat eine geringere Dichte als kalte, trockene Luft. Deswegen steigt die heiße, feuchte Luft hoch. Auf der anderen Seite wird sie abgekühlt, weil kaltes Meerwasser durch diese große Wärmetauscher durchfließt. Ohne dass hier ein Ventilator eingebaut wäre, zirkuliert diese feuchte Luft ganz von alleine. Daher kommt der Name Feuchtluft-Gegenstromdestille.
Es ist ein sehr einfaches Prinzip, das die Möglichkeit bietet, wartungsarme Systeme aufzubauen. Wir haben es auch eingesetzt in unsermProjekt "SODESA".
Die Anlage hat ein 56 m2 großes Kollektorfeld. In dem Projekt haben wir Kollektoren entwickelt, bei denen das heiße Meerwasser direkt durch den Absorber hindurchfließen konnte. Es durfte deswegen kein Kupferabsorber sein, da dieses Material sofort korrodiert. Wir haben letztendlich Kollektoren entwickelt bei denen der Absorber selber auch aus Glas besteht.
Jetzt komme ich zu dem Abschnitt, bei dem Herr Wieghaus weitermachen wird. Ich komme zu den neuen Projekten, die wir auf der Basis der Membrandestillation bearbeiten. Das ist ein neues Verfahren, deswegen möchte ich es noch erklären.
Sie kennen vielleicht die Anoraks mit den Goretex-Membranen. Diese Anoraks lassen den Regen nicht durch, gleichzeitig sind sie atmungsaktiv. Die Membran hat die Eigenschaft, dass flüssiges Wasser nicht, aber Wasserdampf doch transportiert werden kann.
Genau diese Membran setzen wir hier für die Membrandestille ein. Bei diesem Verfahren ist auf der einen Seite der Membran heißes Salzwasser und auf der anderen Seite eine kalte Fläche. Durch den Betrieb der Anlage wird erreicht, dass über die Membran eine Temperaturdifferenz besteht. Dadurch stellt sich eine Druckdifferenz des Wasserdampfpartialdruckes zwischen den beiden Seiten der Membran ein. Diese bewirkt, dass die Wassermoleküle auf die andere Seite gelangen . Die Membran ist hydrophob, aus einem Material das verhindert, dass sie direkt von dem flüssigen Wasser benetzt wird.
Eine Elektronenmikroskop-Aufnahme der Membran zeigt eine Porengröße von 35 µm (Mikrometer). Die Membran selber ist sehr dünn. Um sie in technischen Anwendungen nutzen zu können ist sie auf einem Kunststoffsieb montiert, das viel größere Löcher hat und ebenfalls aus einem hydrophoben Material besteht.
An dieser Stelle möchte ich das Wort an Herrn Wieghaus weitergeben. Vielen Dank.
Herr Wieghaus: Herr Rommel hat einen guten Überblick verschaffen. Ich erkläre jetzt mehr oder weniger die Details der Membrandestillation.
Hier haben wir die Membran mit einer integrierten Wärmerückgewinnung. Wenn man sich diese hydrophobe Membran wegdenkt, ist es genau so wie ein Wärmetauscher.
Das Wasser geht hier rein. Bei einer Temperatur von 20ºC hat man einen Dampfdruck von 1.340 Pa (Pascal). Das Wasser erwärmt sich und dehnt sich weiter aus bis 75ºC durch diese Wärmerückgewinnung. Der erreichte Dampfdruck beträgt 39.260 Pa. Der Dampfdruck steigt stark exponentiell mit der Temperatur.
Hier haben wir eine nachträgliche Nachheizeinheit, die das Wasser von 75ºC auf 80ºC aufheizt. Würde man diesen Strom nicht aufheizen, hätte man hier keine Temperaturdifferenz. Genau diese ist notwendig für den Stofftransport durch die Membran. An dieser Stelle kühlt das Wasser wieder ab mit dem entgegenkommenden Strom und wird am Ausgang ein wenig aufkonzentriert und tritt mit 25ºC aus.
Das an der Temperatur unveränderte Meerwasser teilt sich hier in zwei Ströme auf. Zum einen oben in den Destillatstrom und zum anderen unten in das Konzentratstrom. Bei 300 Litern Meerwasser das oben reingeht bekommt man 7 Liter Destillat. Wir wenden ein Membranwickelmodul an.
Wir haben verschiedene Teststände bei uns am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme. Darunter ist ein Teststand zur Messung der Leistungsfähigkeit der Module hier. Das Modul ist ca. 60 cm hoch und 40 cm im Durchmesser. Es ist sehr kompakt und robust.
Am Teststand messen wir die Ein- und Ausgangstemperaturen am Modul, den Destillatmassenstrom, den Feedvolumenstrom und den Kapazitätseffekt. Die meisten Sachen sind nur dazu da, um einen möglichst genauen Massenstrom oder Feedvolumenstrom am Modul einzustellen.
An diesem Teststand konkret haben wir auch Messungen durchgeführt. Hier haben wir einmal die Messungen für den Destillatstrom, auf der x-Achse die Eintrittstemperatur am Eingang (kurz nach der Nachheizeinheit) und auf der y-Achse den Massenstrom des Destillats. Man kann sehen, dass der Destillatstrom ansteigt mit der Temperatur. Das sogar überproportional aufgrund des exponentiellen Anstiegs des Dampfdrucks.
Hier ist der spezifische Energieverbrauch. Ohne Energierückgewinnung braucht man 700 kWh pro Kubikmeter Destillat. Bei unseren Modul haben wir Werte gemessen von 115-130 kWh pro Kubikmeter Destillat, je nach Temperatur. Man muss allerdings auch sagen, dass das System nur bis maximal 85ºC-90ºC - für kurze Dauer sogar 95ºC - betrieben werden kann, weil das Modul aus Kunststoff besteht. (...)
Matthias Rommel: Der Weg, den wir gehen wollen, ist in Richtung einer wartungsarmen Anlage mit wenigen Bauteilen. Da die Membran selber hydrophob ist, denken wir auch, dass es ungefährlich ist, wenn Module trockenfallen. Das Trockenfallen ist ein sehr großes Problem bei Reverse-Osmose-Anlagen. Wir denken auch, dass es weniger Probleme geben wird mit der Ablagerung von Kalk und dass keine chemische Vorbehandlung des Meerwassers für die Membrandestillation notwendig sein wird.
Es ist ein Destillationsverfahren, auch wenn eine Membran drin ist. Es ist keine Reverse Osmose, sondern Membrandestillation. Deswegen erhalten wir destilliertes Wasser. Es ist modular aufbaubar für Systeme von 100-20.000 Litern pro Tag.
Wir arbeiten an EU-geförderten Projekten. Wir wollten kleine, kompakte Anlagen aufbauen, mit Partnern in Jordanien, Ägypten und Marokko. In diesen Ländern werden wir Kleinanlagen testen.
Wir haben in Spanien einen Partner mit dem wir eine große Anlage mit 20.000 Litern pro Tag aufbauen.
Wie Entwicklungsprojekte zustande kommen, hängt im wesentlichen daran, dass es in diesen Ländern auch jemanden gibt, der an der Membrandestillation arbeitet, wie zum Beispiel an der Universität in Jordanien.
Die Forschungsprogramme werden europäisch ausgeschrieben und stehen allen Wissenschaftlern zur Verfügung. Es gibt Projekte bei denen ich die Initiative ergreife. Ich suche mir dann Partner dafür. Genau so gibt es auch andere Projekte bei denen ich angesprochen werde. Wenn das Wissen und das Know-how da ist und die Partner zusammenpassen, stellen wir einen Antrag. Wenn wir Glück haben, wird dieser bewilligt und wenn wir Pech haben, nicht.
Zum Thema Kosten möchte ich sagen, dass das Projekt – bei einer angenommenen Lebensdauer der Anlage von zehn Jahren – Wassergestehungskosten von 10-20 Euro pro Kubikmeter zum Ziel hat.
Verglichen mit den Angaben die bei den großen Entsalzungssystemen angegeben werden ist das sehr teuer. Man kann es aber auch anders sehen und sagen:
10 Euro pro Kubikmeter sind 1 Euro für 100 Liter, oder 10 Cent für ein Liter. Eine Flasche Sprudel hat 0,75 Liter und ist im Geschäft viel teurer als 10 Cent.
Ich glaube es ist ein anspruchsvoller und realistischer Preis. Aber es nützt nicht viel Preise miteinander zu vergleichen. Letztendlich wird immer der Verbraucher entscheiden, ob es ihm das wert ist.
Am Ende des Vortrages möchte ich meine Schlussfolgerungen zu Meerwasserentsalzung mit Sonnenenergie zusammentragen:
Solarenergie bietet viele Vorteile für die Meerwasserentsalzung, insbesondere bei kleinen, dezentralen Anlagen.
Es gibt noch keine fertig entwickelten Systeme, die sich als wartungsarme, energieautarke, stand-alone-fähige Systeme bewährt haben. Das muss man ganz klar sagen. Es ist nicht so, dass wir alles machen können, man muss daran arbeiten und wir wollen daran arbeiten. Weitere Forschungsarbeiten sind notwendig.
Notwendig ist die Entwicklung von vollständigen Komplettanlagen. Solche Arbeiten müssen dann unbedingt in Feldanlagen eingesetzt werden, um zu überprüfen, ob sie wirklich funktionieren, Nur dann können sie nützlich sein.
Kleine, dezentrale Anlagen haben ein enormes Potential. Natürlich sind marktpolitische Fragen dann ein anderer, wichtiger Punkt. Die Anlagen können aber sehr hilfreich eingesetzt werden.
Damit möchte ich den Vortrag abschließen. Vielen Dank.