Solarenergie für Afrika

Konferenz in Düsseldorf vom 4.-6. September 2003

Sansibar Projekt - Verbreitung von Solux-Lampen

"Tuniadninepamodia" heißt: Wir leben gemeinsam auf einer Welt. Das ist sozusagen das Motto für die Jugendlichen die zusammenarbeiten. Die Deutsch-Tanzanische Partnerschaft macht vorrangig Ausbildungshilfe für Kinder, Jugendliche und Frauen in Tanzania. Uns gibt es seit fünf Jahren. Seit 1999 sind wir Trägerverein für den Anderen Dienst im Ausland.

Angefangen hat es mit einem Frauen-Meeting-Center in Kondua. Dann kam ein Kindergarten in Kisinkasi. Wir haben jedes Jahr Schulpatenschaften mit denen wir Schüler und Schülerinnen fördern, die ein Examen bestanden haben und gerne ihre Schule fortsetzten möchten.

Wir haben individuelle Ausbildungsförderung. Wir haben einen junger Mann mit Computer- Englisch- und Schreibmaschinenkursen ausgebildet. Er unterrichtet inzwischen eine ganze Computerklasse in unserem Dorf. Wir haben diese Computerklasse eingerichtet. Er hatte eigentlich den Wunsch in die Stadt zu gehen. Obwohl er gut ausgebildet war, kehrte er in das Dorf zurück, weil er seine Perspektive dort gesehen hat.

Wir machen Mikroprojekte, die sich an die Bedürfnisse der Leute ausrichten. Wir haben auch Computerklassen aufgebaut, nachdem Anträge aus anderen Dörfern gekommen sind. Wir haben es versucht auszuweiten, haben uns dann aber wieder hauptsächlich auf die Solartechnik beschränkt. Englischunterricht ist eine neu aufgetretene Aufgabe. Wir haben festgestellt wie viel daran hängt, dass die jungen Leute Englisch sprechen können. Es gibt keine Lehrer dafür in den Dörfern.

Solarlampenwerkstatt - das ist unser heutiges Thema.

Die Situation in Tanzania entspricht der Allgemeinsituation in diesen Ländern des Südens.

In unseren Projekten arbeiten wir mit der Solux-Lampe. Sie eignet sich hervorragend als Lernobjekt, weil sie in ihren Teilen geschickt wird, bzw. werden die Teile zurecht geschnitten und gebogen. Man lernt sehr viel und daher ist sie ein wunderbares Lernobjekt. Wir haben mit Zivildienstleistenden in einer Werkstatt in Dresden zuerst gelernt, wie man diese Lampe baut und haben dann dieses Wissen weitergegeben an Schüler und Schülerinnen der Abchlußklasse der Secondary School. Mittlerweile unterrichten wir in der Vorabschlußklasse, weil wir festgestellt haben, dass es gut ist, wenn die Kenntnisse früher vermittelt werden.

Es gibt schon sehr viele Solux-Lampen-Werkstätten. Normalerweise werden diese Werkstätte von den sogenannten Seniorexperten eingerichtet. Es sind Ingenieure im Ruhestand und sie vermitteln diese Kenntnisse. Das ist ein ziemlicher Unterschied zu uns. Wir haben den Ansatz zur Jugend gesucht. Es war sehr spannend mitzuerleben, dass die Jugendlichen tatsächlich in die Lage versetzt werden dieses zu lernen und zu verstehen. Es ist nicht einfach diese Lampe zu bauen.

Wir befinden uns auf Tanzania und Sansibar ganz im Süden, in einem kleinen Fischerdorf. Es heißt Kisinkasi. Die Schule hat 600 Schüler und Schülerinnen. Wir haben dort ein angemietetes Haus für die Zivis aufgebaut. Sie haben dort somit einen Platz zum Wohnen. Sie bleiben jeweils 13 Monate am Ort. Am Anfang des Aufenthaltes findet ein 4-wöchiger Kisuaheli-Intensivkurs im Dorf statt. Sie können die Sprache im Grunde gleich anwenden. Das hat sich als sehr effektiv erwiesen. Die jungen Leuten sprechen nach fünf Monaten tatsächlich fließend Kisuaheli. Da es sehr wenige im Dorf gibt die Englisch verstehen, ist Kisuaheli einfach unabdingbar, wenn man mit den Menschen zusammenlebt.

Wir haben ein Auswahlverfahren und zwar wird aus einem Jahrgang mit jeweils ca. 50 Schüler und Schülerinnen einen Schicklichkeitstest im Löten gemacht. wir haben kleine Lötsachen, die sie durchführen. Dazu kommen Englischkenntnisse und auch die Beurteilung der Lehrer und Lehrerinnen, so dass wir am Ende acht auswählen, die mit dem Lampenbauen beginnen. Die Zivildienstleistende führen Tagebuch über die Fortschritte der Einzelnen. Am Ende können sie auch beurteilen, wer vielleicht nicht ganz so geeignet und wer gut geeignet ist.

Weiter machen dann vier Schüler und Schülerinnen in einem Intensivkurs. Der Intensivkurs umfaßt auch die Arbeit am Computer, mit der Verleihstation und in der Werkstatt.

Am Anfang wurde in der Werkstatt vormittags gearbeitet. Das war aber nicht zuträglich mit dem Schulunterricht. Die Arbeit ist jetzt auf freiwilliger Basis nachmittags. Sie kommen nach dem Unterricht nachmittags nochmals in die Schule.

Wir sind in einem moslemischen Gebiet. Die Mädchen tragen Tücher. Die Eröffnungsfeier unserer Werkstatt war ein sehr großes Fest. Der Minister war da. An diesem Tag interessierte sich kaum einer für die Solarlampen. Man konnte noch nicht so recht wissen, was das ist. Im Mittelpunkt stand der einzige Computer den wir in der Werkstatt hatten.

Wir haben dann die erste Verleihstation installiert, indem wir ein 40-Watt-Modul auf dem Dach der Schule anbrachten und die Schüler haben die Lampen selbst gebaut. Diese wurden dann durch die Schule zum Preis einer Kerosinlampe (ca. ein Euro im Monat) an die Leute im Dorf ausgeliehen. Dadurch, dass die Schüler diese Lampen gebaut hatten waren sie sofort Gegenstand von Interesse. Die Eltern waren sehr stolz und die 20 Lampen, die wir damals hatten, waren im Nu ausgeliehen.

Wir verkaufen auch einzelne Lampen. Die Lampen sind im Allgemeinen viel zu teuer für die Dorfbewohner, deshalb haben wir für diejenigen die sie unbedingt haben wollen von Anfang an Ratenzahlungen eingeführt. Im Monat werden fünf oder zehn Euro abbezahlt. Das dauert bis zu einem Jahr oder länger. Dann wird die Lampe übergeben.

Der erste Kurs nannte sich damals die Junior-Experten, analog zu den Senior-Experten, die sonst den Lampenbau weitervermitteln.

Wir arbeiten eng zusammen mit der Gesamtschule Blankenese. Es ist natürlich von großem Vorteil, wenn die jungen Leute eine gewisse Vorbildung mitbringen. Sie können, wenn sie einmal angefangen haben sich dafür zu interessieren, es dann weiter vertiefen und selbst erleben was daraus wird.

Es hat sich sehr schnell herumgesprochen. Wir hatten sehr viel Besuch von Schulen aus der ganzen Insel. Unsere Idee war dann, dass die Schulen eine Verleihstation unter bestimmten Voraussetzungen bekommen. Sie sollten sich genau angucken, wie die Schule in Kisinkasi es macht. Zum anderen mussten sie Verantwortliche benennen die dafür zuständig sind, dass alles funktioniert. Sie können einen Antrag stellen und je nachdem wie viele Spendengelder wir hier einwerben, werden dann diese Verleihstationen an die Schulen abgegeben.

Die Schüler des jeweiligen Jahres bauen die Lampen. Mittlerweile gibt es auch einen Reparatur- und Servicedienst. Wir haben inzwischen elf Schulen in elf Dörfern mit dieser Verleihstation ausgestattet. Wir unterstützen einerseits die Schulen indirekt, weil das Einkommen aus der Station an die Schulen zurückgeht. Jetzt haben wir 15 Lampen die an die Schulen gehen. Diese verfügen darüber wie sie wollen: Ob sie damit Lehrmaterialien kaufen oder ihre Schule renovieren. Es gibt aber schon die erste Schule, die mit den Einnahmen der ersten, eine zweite Verleihstation gekauft hat. Die Leute sind wahnsinnig interessiert und können durch den Verleih in die Lage kommen so eine Lampe zu besitzen.

Das ist der dritte Jahrgang. Im September ist immer der Wechsel. Es gibt eine Überschneidung von anfangs vier und inzwischen zwei Wochen, in denen die Alten die Neuen einweisen.  Mittlerweise ist der Lampenbau in die Hände der Schüler und Schülerinnen selbst übergegangen, weil sie einfach damit umgehen können. Ebenso die Reparaturen.

Wir haben dann, um eine Fortführung dieser Ausbildung für Solartechnik einzuleiten, mit den Lehrern der Schulen und dem Department of Energy ein Workshop durchgeführt. Thema war: Wie baue ich ein Solar-Home-System? Der Workshop wurde von Anfang bis Ende auf Kisuaheli gehalten von einem Professor der Universität in Daresalaam und einem Ingenieur, der mit Solartechnik arbeitet.

Sie haben sich unendliche Mühe gemacht und die englischen Texte zur Solartechnik übersetzt ins Kisuaheli. Es war ein wirkliches Erlebnis, weil die 16 Teilnehmer begeistert waren und verstanden, worum es ging. Die Sprache ist elementar wichtig. Englisch geht an der Universität aber nicht, wenn man in den Dörfern arbeitet.

Unser Ziel ist dahin zu gehen, wo tatsächlich dieses Solarlicht gebraucht wird. Es war ein siebentägiger Workshop mit drei Tagen Theorie und dann vier Tagen Praxis. Während dieser Praxis wurden zwei Schulen mit dem Solar-Home-System ausgestattet.

Im Moment ist kurz vor Vollendung ein 85-Seiten dickes Buch in Kisuaheli über Solarenergie. Es sind ganz neue Begriffe entstanden und entwickelt worden, weil es dies noch gar nicht gab. Es besteht die Hoffnung, dass dieses Buch im ostafrikanischen Raum zur Verbreitung der Solartechnik beiträgt.

Am Ende des Workshops gab es eine kleine Gruppe die sich zusammengeschlossen und die Zanzibar Solar Energy Association gegründet hat, in Anlehnung an die TASEA (Tanzania Solar Energy Association).

Es soll ein Zweig werden in Sansibar und das Engagement soll von dieser Gruppe weitergetragen werden. Wir legen auch großen Wert darauf, dass die Kenntnisse die wir vermitteln in eigener Regie weiterentwickelt werden, deswegen waren wir über diese Gründung sehr glücklich.

Der dritte Jahrgang hat soeben die Solarlampen gebaut und das Paneel zurechtgemacht, um alles an eine Frauengruppe zu übergeben. Nicht nur Schulen sollen diese Verleihstationen bekommen, sondern nach Möglichkeit auch Frauengruppen, weil bekannterweise Frauen sehr gut mit Geld umgehen können. Wir möchten gern, dass die Multiplikation über die Schulen in die Dörfer hineingeht und die Frauen auch daran teilnehmen an einem sich in Richtung Wirtschaftlichkeit entwickelndes Projekt.

Wir wollen nur eine solche Verleihstation pro Dorf spenden. Die Frauengruppen müssen dann selber weiter daran arbeiten. Das ist unsere nächste Zielvorstellung.

Dann können die Leute auch nachts arbeiten, zum Beispiel wenn sie Camba aus den haarigen Kokosnußfasern drehen. So kann sich das Licht auch schon ökonomisch auswirken kann, dadurch dass es von den Frauen tatsächlich benutzt wird.

Vielen Dank.

Frage: Wie beleuchtet man sonst, wenn überhaupt? Wie lange halten die Batterien?

Andrea Karsten: Die Beleuchtung wird allgemein mit Kerosinlampen durchgeführt, mit Kerzen zum Teil auch. Es wird erwartet, dass die Batterien vier bis fünf Jahre halten. Wir haben festgestellt, dass jetzt nach zweieinhalb Jahren erste Batterieausfälle zu verzeichnen sind.

Frage: Vielleicht habe ich etwas noch nicht richtig verstanden. Ich nehme an, dass während der Ratenzahlung die Lampe der Familie schon zur Verfügung steht. Das heißt, die Ersparnis der Familie ist dann noch gar nicht da. Warum machen Sie das so? Habe ich richtig verstanden, dass Sie auch in der Dominikanischen Republik sind, da war ein Punkt in der Karte?

Andrea Karsten: Die Karte war vorhin von Solux. Die Firma ist weltweit vertreten, aber wir arbeiten nur in Tanzania.

Jetzt zur ersten Frage. Man muß auch sehen, dass das Zahlungsverhalten nicht so einfach ist. Man muß tatsächlich restriktiv vorgehen um zu seinem Geld zu kommen. Es ist schon schwierig, aber die Menschen sind uns schon dankbar, dass wir für sie ansparen, weil es ganz schwer ist zu sparen, wenn man Geld braucht. Man hat es in der Hand, und dann ist es sehr schnell weg. Aber dadurch, dass es bei uns gespart wird ist es einfach vorhanden. Da wir keine Zinsen oder irgendwas nehmen, ist es auch schon ein Vorteil. Es ist so akzeptiert.

Frage: Wir haben in Namibia die gleiche Erfahrung gemacht. Es hilft sehr stark zur Nachhaltigkeit, je mehr man die Rückzahlungswilligkeit testet bevor man anfängt, auch wenn das den Anfangserfolg und Volumen schmälert. Meine Frage ist: Wie sehen Sie mittel- und langfristig die Nachhaltigkeit des Projektes?

Ich habe von meiner Firma aus einer Missionsstation und einem Blinden-Ausbildungs-Zentrum zweimal 200 Lampensätze vermittelt. Es kam auch ein Seniorexperte mit und es war nicht nachhaltig. Ich habe denen jetzt die Restlampen abgekauft und den Ausbildungskitt. Wir sind in einem Moratorium, wie wir weitermachen. Die Stiftung ist sehr traurig, aber es ist zu teuer und gegen die taiwanesischen Fertiglampen können wir so nicht konkurrieren, Ausbildungseffekt hin oder her. Wie sieht es da aus, ist im ganzen Sansibargebiet Netzstrom oder kein Netzstrom? Bei uns ist da schon die Konkurrenz zum Überangebot.

Andrea Karsten: Es gibt natürlich ein Leitungsnetz für Strom auf Sansibar, an das noch nicht alle Dörfer angeschlossen sind. Das bedeutet aber überhaupt nicht, dass die Haushalte Strom haben.

Der Anschluß kostet ungefähr 1000 Euro. Nur ein bis zwei Prozent der Dorfbewohner können anschließen, das ist sehr minimal. Das heißt, der Bedarf und Nachfrage an diesen Lampen ist riesengroß. Unsere Mittel sind begrenzt, weil wir praktisch nur mit einer Verleihstation antreten um diese Lampe überhaupt erproben zu können. Wenn die Leute selbst entscheiden, müssen sie dann auch selber Modelle finden. Ich finde es ist nicht unsere Aufgabe darüber nachzudenken, wie die Leute ihr Geld zusammenbekommen. Wir helfen natürlich im Nachdenken. Das Projekt besteht dadurch, dass die Jugendlichen zusammenarbeiten. Es ist auch eine sehr gute Unterstützung vom Fernsehen auf Sansibar da, das zu jedem Projekt kommt. Der Multiplikatoreffekt ist noch lange nicht am Ende.

Wir haben auch ein sehr gutes Reparaturangebot. Wir haben zwei Jahre Garantie für die Lampen gegeben. Wir reparieren die Lampen die im Bereich Elektrotechnik nicht funktionieren sofort in unserer Werkstatt.

Der beste Schüler des letzten Jahrganges macht jetzt seinen Examen in Kisinkasi, geht dann in die Stadt und wird dann in einer Secondary School, wo wir bereits eine zentrale Werkstatt eingerichtet haben, all diese Lampen reparieren. Es ist sehr wichtig, dass die Lampen gleich wieder repariert werden. Es ist ein Hauptelement überhaupt, um sie vertreten zu können.

Natürlich müssen wir und die Schüler gucken, denn es gibt andere preiswertere Lampen aus China, aber die halten zwei Tage und dann sind sie weg. Das macht gar keinen Sinn.  Das wichtige ist aber, dass diese Lampen sehr gut und stabil sind. Der Preis spielt dann gar nicht so eine große Rolle.

Frage: Eine unserer Solartechnikerinnen repariert auch ganz tüchtig die Solux-Lampen. Das ist eben schön, man kennt den Aufbau, hat auch noch Materialien und Werkzeuge. Aber es ist in der Praxis nicht so, dass die Taiwansachen nur zwei Tage halten. Das ist zu krass. Sie sind sogar vom Preiswert im Einklang, nur die Taiwanlampe ist mehr "Wegwerfgesellschaft" als die Solux-Lampe.

Man muß den Leuten auf dem freien Markt eine Wahl lassen, es ist auch ein Stück Entwicklung. Auf der anderen Seite sind die Verhältnisse in Namibia insofern anders, als bei uns das Land, das sich sponsoren lässt, das Netz aktiv ausbreitet. Dadurch hat die Solartechnik oft schon den Stempel "Energie zweiter Klasse" zu sein. Das ist schade, aber wir warten lieber bis die richtige Energie kommt.

Das Solux-System mit Solarmodul, also nicht als Verleihstation - das haben wir leider nicht ausprobieren können - hat auch das Stigma, kein Solarsystem zu sein mit einem Schalter an der Wand. Das kennen sie aus der Stadt, sowas wollen sie auch haben. Deswegen sind die Solar-Home-Systeme bei uns der Renner. Aber die Solux-Lampe hat absolut Schwierigkeiten. Also, das nur als Erfahrungsrückmeldung.

Andrea Karsten: Dann danke ich Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.