Guten Tag, mein Name ist Rüdiger Jung. Ich bin Umweltingenieur und beim Verein ULOG-Solar e.V. tätig. Dieser Verein ist in Hochspeyer bei Kaiserslautern.
Wir machen Solartrockner und Boxkocher. Wir haben bis jetzt Solartrockner in Mali, Togo, Ghana und Namibia gebaut, wobei wir am weitesten in Namibia sind. In Togo, Ghana und Mali sind es zum Teil noch Versuchsanlagen, um zu schauen, ob die Leute damit überhaupt zurechtkommen. In Namibia waren wir in Rehoboth, 100 km südlich von Windhuk, der Hauptstadt. Die Stadt hat ca. 100.000 Einwohner. Der Sponsor des Projekts war ein Verein "Hilfe für Namibia, e.V.", welcher in der Nähe von München sitzt. Dieser Verein hat das Projekt angeschoben.
Solartrockner, die wir bauen, haben einen Kollektor, wodurch Wärme in den Trockner hingelangen kann. Die Luft wird erwärmt und steigt nach innen. Dort sind Trockensiebe drinnen. In Namibia sind es Stangen, wo das Trockenfleisch drauf hängt.
Die warme Luft streicht vorbei und geht oben wieder aus dem Luftauslass heraus. Dort oben kommt ein Hut drüber. Alle Ein- und Ausgänge werden mit Moskitonetzen versehen.
Die Temperaturen, die man am Kollektorausgang erreicht, liegen bei ungefähr 50 – 55 Grad. Wenn die Luft an das Fleisch kommt, verdunstet die Flüssigkeit und die Temperatur sinkt in diesem Bereich um ungefähr 10 Grad. Es ist dann ungefähr 15 Grad weniger am Lufteinlass. Die feuchte Luft steigt auf und geht nach außen.
Die Trockenzeit für das Fleisch beträgt ca. 2 - 3 Tage, dann ist das Fleisch komplett durchgetrocknet und kann in den Metzgereien verkauft werden. Man kann in den Trockner 30 kg Fleisch hineinladen. Unser Trockner in Namibia ist 2,15m x 1,06 m und 3,80 m hoch. Er wiegt ungefähr 120 kg.
Das getrocknete Fleisch heißt Biltong und ist in Namibia traditionelles Essen. Manchmal hat man den Eindruck, sie essen morgens bis abends Biltong. Es ist sehr hart, wird in kleine Stücke geschnitten und gekaut. Nur wer gute Zähne hat, kann das.
Rüdiger Jung: Es gibt folgende Unterschiede zum „Immotech-Trockner“ bzw. „Hohenheim-Trockner“: Unser Trockner ist ausschließlich aus lokal verfügbaren Materialien gebaut. Beim „Immotech-Trockner“ ist dies nicht so. Der wird hier gefertigt und dann per Schiff und Flugzeug geliefert.
Der „Immotech-Trockner“ ist auch bedeutend größer. Er kann Trockenleistungen bis zu 300 kg, was einer Beladung entspricht, verarbeiten. Die Länge des Trockner ist 18 m und hat somit eine große Fläche. Die Abdeckung ist uv-beständige Kunststofffolie, die man aber leider außerhalb Europas ganz schwer bekommt - vielleicht noch in Großstädten. Ich denke, in Afrika ist man da aufgeschmissen. Selbst in Ghana, was ein relativ weit entwickeltes Land ist, gab es keine Chance, solch eine Folie für einen Benutzer aufzutreiben. Ein Benutzer muss nach Stuttgart schreiben, um eine neue Folie zu bestellen.
Unsere Abdeckung ist mit Glas gemacht. Preislich haben wir hier einen Unterschied: Der „Immotech-Trockner“ kostet 5000 Euro und das Material für den Fleischtrockner ca. 300 Euro. Das ist der grobe Unterschied.
Hohenheim baut auch noch größere Trockner, die dann mit Gas betrieben werden, wo dann noch größere Mengen getrocknet werden können - z.B. 300 kg. Im Moment experimentiert Prof. Mühlheim von der Universität Hohenheim mit einem Trockner, der im Tonnenbereich arbeitet, allerdings überhaut nicht mehr solar läuft, sondern nur noch über Propan- oder Butangas.
Für uns ist das nicht der gangbare Weg, vor allem weil bei diesem Produkt die Frage entsteht: Wer kann sich in Afrika einen Trockner für 5.000 EUR leisten? Ich denke, die wenigsten. Wenn dies nicht über Entwicklungshilfegeldern läuft, wird der Trockner wohl kaum gekauft werden können.
Ein weiterer Punkt, der die Anlage verteuert, ist das Fotovoltaik-Modul und die Ventilatoren. Der Trockner hat zwangsläufig eine Be- und Entlüftung, wo die Luft transportiert wird. In unserem Trockner funktioniert das mit dem Kamineffekt mit aufsteigender Warmluft, so dass wir so ein Modul, das 500 EUR kostet, nicht brauchen.
Rüdiger Jung: Fußballfeldgroß wird alles auf den Boden geworfen und wird dann getrocknet. Dann holen sich die Tiere das, was sie brauchen. Dazu hat man noch Schädlingsbefall. Es dauert sehr lange, es muss regelmäßig gewendet werden, weil es sonst auf der Unterseite, wo es am Boden liegt, anfängt zu schimmeln. Das sind die Nachteile der konventionellen Bodentrocknung. Es schimmelt, wenn es zu lange liegt, ohne gewendet zu werden. Auch das Ausbleichen des Lebensmittels ist zu erwähnen. Wenn ich eine Tomate oder irgendetwas in die Sonne lege und sie trockne, verliert sie die Farbe, bleicht aus. Damit verliert das Lebensmittel an Marktwert. Paprikapulver zum Beispiel muss für den Konsumenten rot sein, wenn es ausgebleicht ist, hat es einfach weniger Wert.
In Bolivien, wo ich war, wurden Chilischoten auf dem Dach getrocknet. Da wurden sie aber immer wieder beregnet und somit natürlich auch schimmelig.
Das sind die Arten der konventionellen Trocknung: Die Lebensmittel werden aufs Dach gelegt wird, oder irgendwie an das Haus geklemmt.
Der Bau der Fleischtrockner in Namibia, war eigentlich nicht geplant. Ich war damals vor Ort, um Boxkocher zu bauen – und lag gut im Zeitplan. Es wurde mir gesagt, dass es ein Problem mit dem Trocknen von Biltong gäbe.
Das Fleisch wird normalerweise außen ans Haus hingehängt. Die Leute trocknen das traditionell nur im südafrikanischen Winter, wo niedrige Temperaturen sind und es wenig Fliegen gibt. Die Temperaturen entsprechen im Winter unseren Sommertemperaturen. Weder im Frühjahr, Sommer oder Herbst konnte früher Biltong getrocknet werden. Das Fleisch wäre in diesen Monaten verfault noch bevor es trocken wäre.
Dann habe ich gesagt: „Gut, dann bauen wir so eine Pilotanlage“. Also erst auf Nachfrage ist dieses Projekt entstanden. Die Ergebnisse waren dann recht gut.
Wir haben auch in Togo für zwei Organisationen Trockner gebaut. Es waren Versuchsanlagen, die dieselbe Größe hatten wie die, die draußen stehen.
Einen Trockner für den Süden von Togo, den anderen Trockner für den Norden. Das sind klimatisch komplett andere Gebiete – in einem Gebiet hat man eine Regenzeit, das andere Gebiet liegt in der Wüstengegend.
Beide Trockner wurden vor Ort gebaut. Während wir sie gebaut haben, haben wir schon Ananas getrocknet - und es funktionierte.
Ein anderer Trockner steht in Ghana. Damit wird Kasava getrocknet. Jedes Mal, wenn ich da vorbeikam, war das Teil total beladen. Nach dem Bau wurde es sofort in Betrieb genommen.
Der Trockner ist innen einfach aus Dachlatten - 3,5m auf 4,5m - mit Rahmenkonstruktionen
gebaut. Er war zu hoch, als dass wir ihn in die Werkstatt unter das Vordach stellen konnten – so mussten wir dann draußen fertigbauen.
Als Glasabdeckung kommt einfaches Grünglas drauf – also kein gehärtetes Weißglas. Das wäre sehr teuer und ist in den meisten Ländern nicht zu bekommen – und auch nicht notwendig, denn wenn ich den Kollektor etwas größer baue, reicht es allemal zum Trocknen.
Wegen dem Regen hat der Trockner einen Hut. Ringsum sind Moskitogitter angebracht. Sie werden mit Schrauben angebracht, damit man sie abnehmen und reinigen kann.
Der Trockner ist 1,06 m breit, weil man ihn noch transportieren musste. Ich hätte ihn sonst breiter gebaut, aber dann hätte er nicht auf das Auto gepasst. Wenn ich etwas baue, brauche ich auch ein Fahrzeug um dieses Gerät zum Kunden hinzubringen.
Wir haben den Trockner dann über die Allrad-Piste mit 30 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit auf eine Farm gebracht. Es waren 70 km Weg. Eine harte Strecke für mich. Wir sind später auch auf eine Landwirtschaftsmesse bei Windhuk gefahren - durch eine Polizeikontrolle durch, die uns sehr gut beäugt hat, um herauszufinden, was wir da transportieren.
Der Trockner aus Ghana läuft im Vergleich zu dem, der draußen steht, nicht auf Rollen. Wir haben hinten ein Eisenrohr einbetoniert und vorne ein U betoniert. Vorne am Trockner sind 2 Rollen dran und hinten läuft er auf dem Eisenrohr, der als Drehpunkt dient. Es gibt Gründe für diese Konstruktion: Rollen sind anfällig für Staub und zudem teuer, das Eisenrohr nicht.
Rüdiger Jung: Das Biltong hat den Vorteil, dass man es gut lagern kann aber auch gut verkaufen kann. Es ist bei einer Hitze von 45 Grad im Sommer ganz unmöglich von einer Farm aus Frischfleisch in die Stadt zu bringen. Nach ein paar Stunden Transport ist das Fleisch hin.
Wenn ein Tier, z.B. ein Springbock geschossen wird, wird das Fleisch getrocknet und eingelagert. Wenn eine genügend große Menge zusammengekommen ist, kann man das Fleisch bei der nächsten Fahrt in die Stadt einfach beim Metzger abgeben.
Rüdiger Jung: Auf der Farm gab es einen Hund, der ständig um den Trockner herumging. Er war ganz nervös. Man muss den Trockner natürlich zumachen – dann passiert auch nichts. Aber die Tiere, das stimmt schon, werden wahnsinnig.
Den erste Verbesserungsvorschlag den der Farmer hatte, war die Anbringung eines großen Riegels mit Schloss. Er sagte: „Falls ich mal die Farm verlasse und jemand vorbeikommt, nimmt er das hundertprozentig raus“. 30 kg Trockenfleisch ist eben ein Gewinn für die Leute.
Rüdiger Jung: Bei dem Fleisch dauert es ca. 2 - 3 Tage. Das hängt davon ab, was wir als haltbar bezeichnen, für das Fleisch. Es gibt ja noch Restfeuchte.
Der Bauer wird immer nach kg bezahlt. Also trocknet er das Fleisch genau auf das Gewicht ab, was er noch vertreten kann. Es soll nicht schlecht werden, aber es soll noch möglichst schwer sein. Genau an der Grenze hält er sich auf - kein Gramm mehr trocknet er heraus. Also so etwa 2 - 3 Tage.
Wenn man jetzt Kräuter trocknen würde – wäre es ungefähr ½ - 1 Tag, je nachdem, wie man den Trockner behängt. Bei Obst und Gemüse dauert es 2 - 3 Tage. Es ist davon abhängig, wie dick man schneidet. Fisch dauert ebenfalls 2 – 3 Tage, abhängig von der Stückelung.
Rüdiger Jung: Wir hatten bis jetzt noch nichts verpackt. Es wurde meistens gleich verspeist - leider.
Bei Kasava war das praktisch wie Mehl. Als ich kam, kannte ich das ja noch nicht. Da bin ich hin und habe gemeint, das sei ja viel zu trocken, wie Kreide, ich könnte damit an der Wand schreiben. Das wird gemahlen und dann verpackt. Das Trockenfleisch war einfach in Beutel eingepackt. Das war bis jetzt kein Problem. Obst muss man in Folien einschweißen.
Die Konservierung ist das A und O. Erst die Konservierung und danach die Verpackung oder die Haltbarmachung.
Es gibt auch andere Trockner, die viel einfacher aufgebaut sind. Ich habe ein Buch von einer französischen Entwicklungshilfeorganisation, wo Trockner beschrieben sind, die einfach aus einer Art Fass bestehen. Da werden dann die Lebensmittel reingelegt und oben wird ein Deckel drauf gemacht. Aber da gibt die Entwicklungshilfeorganisation auch an, dass noch ein Konservierungsstoff mit eingesetzt werden soll.
Der „Hohenheim-Trockner“ z.B. trocknet mit 70Grad an, weil Fliegen mit in den Trockner reingehen. Wenn Sie mit 70 Grad antrocknen, stirbt Ihnen jede Fliege weg und die Eier gehen auch kaputt. Deswegen sollte am Anfang eine Temperatur von 70 Grad sein.
Rüdiger Jung: Die Luftfeuchtigkeit spielt eine ganz große Rolle. Sie erwärmen ja die Luft in dem Kollektor unten nur deswegen, weil Sie die relative Luftfeuchte absenken wollen, damit in dem Trockenteil mehr Wasser aufgenommen werden kann. Wenn Sie natürlich unten mit 80% oder 90% reingehen, kommen Sie in der Trockenkammer mit einer sehr hohen Prozentzahl an – so dass nur wenig Feuchtigkeit aufgenommen werden kann.
In Namibia z.B. wo relativ trockene Gebiete sind, arbeiten die Trockner wunderbar. Wenn Sie in Gebiete gehen, wo gerade der Übergang zur Regenzeit ist, wird es schwieriger. Dann müssen Sie schauen, inwieweit Sie mit dem Trocknen in die Regenzeit reingehen können und ab wann Sie eine Zusatzheizung brauchen - oder eine Möglichkeit das angetrocknete Trockengut zu retten, falls der Regen kommt. Das ist ganz abhängig von der Gegend.
Wenn Sie keine weiteren Fragen mehr haben, würde ich vorschlagen, nach draußen zum Trockner zu gehen. Dort kann ich nochmals auf Details eingehen.