Solarenergie für Afrika

Konferenz in Düsseldorf vom 4.-6. September 2003

Rede anlässlich der Konferenz "Solarenergie für Afrika"

von der Ministerin für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW Bärbel Höhn

Sehr geehrter Herr Professor Rebhan,
sehr geehrter Herr Muamba,
meine Damen und Herren,

"Solarenergie für Afrika":
Unter diesem Motto steht diese innovative Konferenz, die Lösungsmöglichkeiten für eine zukunftsfähige Energienutzung in Afrika finden will. Die starke Beteiligung an dieser Konferenz zeigt, dass wir ein Thema behandeln, das großen Anklang findet.

Ziel dieser Konferenz ist zunächst ein Erfahrungsaustausch:
NRW ist ein Energieland und bei den regenerativen Energien ein führender Technologiestandort in Deutschland. Es steht hier bei uns viel Know-how und Pionierarbeit zur Verfügung, die wir weitergeben können und wollen.
Das kann nicht eins zu eins erfolgen, da die Lebensumstände in den Ländern Afrikas sich von den unsrigen teilweise gravierend unterscheiden.

Es geht nicht nur um die technische Umsetzung der Nutzung der Solarenergie. Geeignete politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden. Auch ist das Verständnis dafür zu wecken, dass der Einsatz von erneuerbaren Energien möglich ist und sich in vielerlei Hinsicht lohnt.

Jedes erfolgreiche Projekt beginnt mit einer Idee und dem berühmten ersten Schritt. Die Idee, die hinter dem Gedanken "Solarenergie für Afrika" steht, ist im Grunde einfach und doch wirksam: Man nutzt das Energiepotential, das unerschöpflich vorhanden ist und wofür die Bedingungen gerade in vielen Entwicklungsländern äußerst günstig sind - die Sonne. Das Zurückgreifen auf eigene Ressourcen reduziert auch die Abhängigkeit von Rohöl- oder Kohleimporten in den Ländern ohne eigene Vorkommen. Auf einen Quadratmeter strahlt die Sonne im Schnitt rund 1 Kilowatt in der Stunde. Damit liefert sie umgerechnet mit ihrer Gesamtstrahlung jeden Tag den Weltenergiebedarf von 8 Jahren. Davon ist zwar nur ein Bruchteil nutzbar. Aber Sonnenenergie könnte technisch derzeit rund 4 Mal den Weltenergiebedarf decken. Diese natürliche Ressource gilt es zu erschließen.

Dass es funktioniert, dafür sind bereits viele Beispiele bekannt. Einige werden auf diesem Forum vorgestellt.

Der Aufbau einer dezentralen, standortangepassten Energieversorgung könnte ein Schlüssel sein für die wichtigste Aufgabe in der Entwicklungspolitik: Bekämpfung und Minderung der Armut. Heute leben in Afrika 300 Millionen Menschen, die mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen müssen. Armut bedeutet Hunger, Krankheit, mangelnde Bildung, inhumane Lebensbedingungen teilweise gekoppelt mit Gewalt und Krieg. Weite Wege zur nächsten Wasserstelle, das Sammeln von Feuerholz und die meist damit einhergehende Gefahr der Entwaldung und Erosion gehören gerade in den ländlichen Regionen der Entwicklungsländer weiterhin zum Alltag. Gerade für die Frauen in den Entwicklungsländern, die vorrangig für diese Tätigkeiten zuständig sind, kann eine solarbetriebene Wasserpumpe oder ein Solarkocher ungeheure Erleichterung bringen und z.B. gesundheitlichen Schäden durch das Kochen über offenem Rauch vorbeugen.

Neben Grundbildung, einer Basisgesundheitsversorgung und einem Minimum an verkehrstechnischer Infrastruktur gehört der Zugang zu Energie zu den Schlüsselfaktoren der Armutsbekämpfung. Nur so kann auch das auf dem Millenniumsgipfel im September 2002 beschlossene Ziel erreicht werden, den Anteil der in absoluter Armut lebenden Menschen bis 2015 zu halbieren.
Deshalb war der Zugang zu einer zuverlässigen und erschwinglichen Energieversorgung auch eines der Schwerpunktthemen auf der UN-Konferenz für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg.

Bedauerlicherweise konnte sich die EU mit ihrer Forderung nach einem Zeitziel für die Steigerung des weltweiten Anteils erneuerbarer Energien (15%-Anteil bis 2010) nicht durchsetzen. Es wurde aber beschlossen, "den globalen Anteil erneuerbarer Energiequellen beträchtlich zu erhöhen" und den tatsächlichen Fortschritt auf diesem Gebiet regelmäßig zu überprüfen. Damit ist die globale Richtung der Energiewende vorgegeben.

Darüber hinaus hat die EU einen deutschen Vorstoß aufgegriffen und ein weltweites Bündnis für erneuerbare Energien initiiert: Die Unterzeichner der sogenannten Johannesburg-Erklärung der Handlungswilligen ("Der Weg hin zu erneuerbarer Energie") verpflichten sich, im nationalen Rahmen konkrete Zeit- und Mengenziele festzulegen.

Die Bundesregierung verfolgt dabei ehrgeizige Ziele. Das bereits in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung verankerte Ziel eines Anteils erneuerbarer Energien an der Stromversorgung im Jahr 2050 von 50 %, wird in der derzeit diskutierten Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes bestätigt. Als Zwischenziele werden für das Jahr 2010 ein Anteil von 12,5 % und bis zum Jahr 2020 von 20 % festgelegt.
Bundeskanzler Schröder hat angekündigt, dass die Bundesregierung zu einer internationalen Konferenz für Erneuerbare Energien nach Deutschland einladen wird. Mit der Einberufung dieser Konferenz, die vom 1.-4. Juni 2004 in Bonn stattfinden wird, hat Deutschland einen wichtigen Impuls zu diesem Themenkomplex gegeben.

Inzwischen ist die Vorbereitung auf die Konferenz in vollem Gange. Inhaltlicher Schwerpunkt wird die Frage sein: Wie können wir den Anteil erneuerbarer Energien sowohl in den Industrie- als auch in den Entwicklungsländern maßgeblich erhöhen?
Deutschland hat zugesagt, im Rahmen der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit in den kommenden fünf Jahren 1 Milliarde Euro bereit zu stellen, und zwar je 500 Millionen Euro für erneuerbare Energien und für Energieeffizienz. Diese Zusage ist der Kern eines umfassenden Programms "Nachhaltige Energie für Entwicklung". Mit diesem Programm will die Bundesregierung nicht nur die bilaterale Zusammenarbeit im Energiebereich stärken, sondern auch neue Wege für öffentlich-private Partnerschaften bereiten und vermehrt strategische Partnerschaften in der multilateralen Zusammenarbeit für eine Förderung "nachhaltiger Energie" bilden.

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit betreibt in verschiedenen Ländern Energiepolitikberatung, durch die Voraussetzungen für einen wirtschaftlich sinnvollen und nachhaltigen Betrieb erneuerbarer Energien geschaffen werden sollen. Außerdem beweist der Bund durch konkrete Projekte, dass dies auch möglich ist - zum Nutzen sowohl der Partnerländer selbst als auch für den Klimaschutz. Beispiele:
Südafrika - Verbreitung von Solar-Home-Systemen für private Haushalte und öffentliche Einrichtungen,
Kenia - Errichtung eines Geothermie-(Erdwärme) Kraftwerks,
Ägypten - Errichtung eines Windparks.

Es wird also deutlich: Beschlüsse sind zwar notwendig und ein wichtiger Schritt in die zukunftsweisende Richtung. Aber alleine tragen sie noch nicht zu einer Veränderung bzw. Verbesserung bei. Diese Beschlüsse müssen umgesetzt werden.
In vielen Ländern Afrikas fehlen Institutionen und rechtliche Rahmenbedingungen, die unerläßlich sind für die Planungssicherheit langfristiger Investitionen.
Einen Lösungsansatz könnte dabei die Agenda 21 darstellen. Die heutige Konferenz ist schließlich auch aus dem Bereich der lokalen Agenda 21 entstanden. Ich könnte mir vorstellen, dass hier Träger kommunaler Patenschaften mit Kommunen des Südens einen Anstoß gewinnen können. In der Agenda 21 NRW, also unserer Landesagenda, spielt die Eine-Welt eine herausragende Rolle und in diesem Themenkreis ist die Energiepolitik ein Schwerpunkt. Das Thema Energie- und Klimapolitik wird auch ein wesentlicher Beitrag zur Bilanz- und Perspektivkonferenz der Landesagenda im November in Bonn sein.

Außerdem hat das Land NRW in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftspark Gelsenkirchen Projekt-manager aus dem südlichen Afrika qualifiziert und hat in diese Weiterbildung deutsche Betriebe einbezogen. Zwei Konferenzen unter der Überschrift "Zukunftsenergien für den Süden" haben bereits stattgefunden. Eine weitere Plattform bietet die Landesinitiative Zukunftsenergien mit ihrer Arbeitsgruppe "Außenwirtschaft".

Die Nutzung von Solarenergie macht Afrika unabhängiger von externer Unterstützung und fördert die Selbstständigkeit. Derzeit beruht die Energieversorgung größtenteils auf Öl und Kohle, oft in Verbindung mit einer Importabhängigkeit mit allen bekannten negativen Konsequenzen.
Die Antwort darauf kann nur heißen, dass wir eine dauerhaft umweltverträgliche Entwicklung anstreben und umsetzen. Damit kann der Teufelskreis aus Armut, Hunger und sozialer Destabilisierung durchbrochen werden.
Dies gilt übrigens interessanter Weise nicht nur für die Länder des Südens sondern - natürlich in einer anderen Dimension - auch für uns hier in Europa.

Im Zeitalter der Ressourcenknappheit und der Klimakrisen wird dies global immer deutlicher. Hier liegen auch für unser eigenes Bundesland große wirtschaftliche Potentiale. NRW ist dafür gut aufgestellt, aber es muss noch mehr als bisher getan werden. Es gibt große technologische Potenziale im Energie- und Umweltbereich und in der effizienten Produktion. Viele dieser Potenziale werden bereits genutzt, aber manche liegen noch brach.

Diese Potenziale sind besser nutzbar,

Diese Konferenz zeigt im erheblichem Maße ein Potential auf, das für die Landespolitik teilweise noch unerschlossen ist und stellt den Kontakt her zu wichtigen Gesprächspartnern aus den Ländern des Südens. Ich wünsche mir, dass sich die Kooperationen der Akteure verbessern und dass von der Konferenz viele wichtige Impulse ausgehen.

Ich danke insbesondere Dialog International und allen, die sich an dieser Konferenz beteiligen und sich darüber hinaus für die Nutzung erneuerbarer Energien in Afrika stark machen für ihr Engagement und die hervorragende partnerschaftliche Leistung.
Weiter danke ich der Stiftung für Umwelt und Entwicklung NRW, die mit ihrem Zuschuss in Höhe von rund 65.000 € die Durchführung dieser Veranstaltung möglich gemacht hat.