Solarenergie für Afrika

Konferenz in Düsseldorf vom 4.-6. September 2003

Der Papillon Solarkocher

Schönen guten Tag, ich bin hier eingeladen worden, um einen kleinen Vortrag über den Solarkocher Papillon zu halten. Speziell möchte ich etwas zu der Entwicklung dieses Kochers sagen.

Kurz zu meiner Person: Ich habe 1998 meine Diplomarbeit im Solarinstitut in Jülich gemacht, und zwar über ein solares Kochsystem, das von der GTZ gefördert werden sollte. Das war ein Schwarzer-Kocher nach dem Schwarzer-Prinzip und sollte für 450 Personen in einer Schule in Tiger Kloof installiert werden. Es ist leider nicht dazu gekommen, weil die GTZ das doch nicht fördern wollte.
Das ist dann wieder der wichtige Punkt, daß jedes solare Kochsystem an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden sollte, und das wollte die GTZ nicht. Die wollte eher Hightech aus Deutschland dort fördern, was aber meiner Meinung nach an dieser Stelle völlig fehl am Platz war.

Ich habe hinterher noch 2 Jahre lang am Solarinstitut in Jülich gearbeitet und habe dort einige Projekte in Afrika und Südamerika betreut - solare Kochsysteme und solare Heizungen. Der Kocher wurde 1998 entwickelt - das habe ich während meiner Diplomarbeit gemacht.

Die Situation

Kurz: Der Anteil am Weltenergieverbrauch von Afrika liegt bei 4%, was im Vergleich zu anderen Ländern sehr gering ist. In Afrika und speziell in Burkina Faso, wo unser erstes Projekt gestartet ist, wird 94% des gesamten Energieverbrauches durch Holz gedeckt. Sehr interessant ist, daß von diesen 94% allein 80% zum Kochen benutzt wird. Man kommt also gar nicht drum herum, sich der solaren Kochsysteme anzunehmen, wenn man energetisch in diesen Ländern helfen will.

Die klassische Kochstelle ist ja hinreichend bekannt: Der 3-Steine-Kocher mit einem Wirkungsgrad von 7% bis 10%. Der Holztransport ist auch bekannt. Gerade in die Städte, wo es kein Holz mehr gibt, müssen LKW´s das Holz vom Land her transportieren. Dort wird es dann verkauft. Auf dem Land gibt es noch ein wenig Holz, das gesammelt wird. Und dafür laufen die Frauen bis zu 20 km am Tag, um dieses Holz zu besorgen.

Folge dieser Abholzung ist die Erosion, die Desertifikation. Und das sieht dann so aus, daß es in den Großstädten überhaupt keine Bäume mehr gibt und das Land katastrophal aussieht. Solarkocher bieten hier eine Alternative. Da komme ich jetzt zu dem eigentlichen Punkt meines Vortrages, nämlich zur Entwicklung dieses Kochers.

Die Anforderungen

Da stellt sich erstmal die Frage: Warum haben wir diesen Kocher entwickelt? Die Leute kannten schon den SK 14, ein ganz ähnliches System - ein konzentrierender Reflektorkocher. Die Leute haben ihn aber einfach nicht benutzt. Es wird schon seit vielen Jahren versucht, ihn dort zu verbreiten.

Dann ist eine Anforderungsliste mit Burkinabé, die den SK 14 kannten, erstellt worden. Man hat sie gefragt: Warum benutzt ihr dieses System nicht?
Was wollt ihr besser haben? Wie soll das System nach eurer Meinung aussehen?
Das Beste war immer, wenn sie sagten: Der Kocher muss so-und-so groß sein. Und das ging bisher eben noch nicht. Diese Anforderungsliste habe ich von Bernd Hafner bekommen. Da habe ich dann versucht, dieses technisch umzusetzen, also in ein technisches System.

Um nochmal kurz auf das System des SK 14 zurückzukommen, welches immer noch das verbreitetste System ist. Mit einer Aperaturfläche von 1,5 qm, etwa 650 Watt und einen Wirkungsgrad von 55%, erreicht man Temperaturen bis zu 250 Grad, je nach Einstrahlung.

Die Anforderungsliste sah etwa so aus: Man brauchte eine bessere Zugänglichkeit zum Topf, so dass man sich nicht mehr während des Kochens über das Paraboloid beugen muss. Dann wollte man einen Kocher, der eine höhere Leistung hat, so daß er für die ganze Familie einsetzbar ist - die in Burkina ungefähr 15 Personen umfasst. Dafür war der SK 14 ein bisschen zu klein.
Die Blendgefahr war ein großes Problem, was sich aber bei einem Reflektorkocher nicht ganz verhindern lässt. Dann wurde ein besseres Transportsystem gewünscht, so daß der Kocher abends ins Haus gesetzt werden kann, damit er über Nacht nicht geklaut wird.

Die Entwicklung

Das System hat natürlich mehrere Entwicklungsstufen durchlaufen. Das erste Modell war sehr sperrig, hatte eine sehr große Brennweite gehabt und war damit sehr instabil. Aber man konnte damit zeigen, dass mit 2 Flügeln die Zugänglichkeit zum Topf realisiert werden konnte. Auch die Fläche des Kochers ist in diesem Fall 1,8 qm - ein bisschen größer, um etwas mehr Leistung zu bekommen. Das ganze System ist zusammenfaltbar, so daß es durch jede burkinische Tür passt, die mit 70 cm normiert ist. Der Kocher kann also während der Nacht reingesetzt werden.

Jedes System haben wir mit Hilfe von Vereinen - das ist BSW (Bio, Sonne, Wind) und SEWA (Sonnenenergie für Westafrika) und Solar-Global aus Jülich - verwirklicht.

Wir haben den ersten Prototypen zu einer Familie nach Burkina gegeben, um ihn dort auf Akzeptanz zu testen. Und dann haben wir wieder ein feedback bekommen - die Leute haben uns wieder gesagt, was ihnen nicht gefällt und was sie anders haben möchten - und wir haben wieder versucht, das technisch umzusetzen. Nach ungefähr 4 Prototypen war der fertige Kocher, wie er auch hier steht, entstanden.

Für den Koch besteht eine geringe Blendgefahr, weil er ja hinter dem Spiegel steht. Dorthin kann keinerlei Strahlung kommen, außer die Reflektion vom Topf.
Man kann auch den Topf aus dem Kochsystem rausnehmen, ohne geblendet zu werden. Das war beim SK 14 auch so.
Wenn man aber an der Seite steht, kann man immer noch geblendet werden.

Der Papillon, mit seinen etwa 2 qm, hat die Leistung auf etwa 1,2 KW gehoben. Und ein zusätzlicher Nebeneffekt war auch noch die Reduktion der Spiegelverschmutzung bei überkochenden Speisen. Da unter dem Topf keine Spiegelfläche ist, tropft das einfach dann einfach auf den Boden.
Man kommt immer sehr bequem, auch bei niedrigem Sonnenstand, an das Kochgeschirr heran.

Nochmal die technischen Daten:
Ca. 2 qm Aperaturfläche, eine Leistung von 60%, Wirkungsgrad von 1,2 KW bei einer mittleren Einstrahlung von 1000 W pro qm, eine Stillstandstemperatur von ca. 500 Grad Celsius, je nach Windgeschwindigkeit natürlich.

Diese Bilder sind Äthiopien aufgezeichnet:

In Addis Abeba hatte ich einen 6-Liter-Topf mit Wasser. Das Aufheizen bis zum Kochen hat 26 Minuten gedauert.

Da waren wir sehr zufrieden mit. Das Wasser kocht in der Region schon bei ca. 95 Grad, weil Addis Abeba bei 2500 m liegt.

Was braucht man für den Bau des Papillonkochers?

Das ist eigentlich sehr wenig. Man braucht eine Metallwerkstatt, wie sie in Burkina einfach zu bekommen ist. Es muss ein Schweißgerät und elektrischer Strom vorhanden sein und das übliche an Handwerkszeug.

Ich bin selber im März 2002 für eine Schulung nach Burkina geflogen und habe dort unterrichtet. Ich kannte das schon von früheren Aufenthalten. Sie besaßen schon eine Werkstatt und hatten auch schon Erfahrung mit solaren Kochsystemen, speziell mit dem SK 14. Sie hatten davon schon 100 Stück gebaut, was eine ganze Menge ist.

Das Erste, was man macht, um diesen Solarkocher zu fertigen: Man braucht ein paar Vorrichtungen. Diese Vorrichtungen habe ich mit den Leute dann gebaut. Das ist eine Biegevorrichtung, um die Rohre für den Spiegelrahmen zu biegen. Das ist sehr schwierig bei diesem System - weil der Spiegelrahmen sollte relativ genau sein, um einen guten Focus zu bekommen - um die entsprechende Leistung zu haben.

Das Biegen der Rohre geht problemlos. Man braucht einen großen Tisch - es ist aber kein Problem, den zu bauen. Die Parabelrohre zu biegen, ist etwas schwieriger. Das sind die jeweils am Rand sitzenden Rohre, die keinen einheitlichen Radius haben. Die anderen Rohre, die den Spiegelrahmen ausmachen, sind nach einem bestimmten Radius relativ einfach zu biegen. Dann werden die Rohre in die Vorrichtung gelegt und jeweils fixiert, mit Fahrradschläuchen, und an den Enden verschweißt.

Die Kinder von den Mitarbeitern haben die Spiegelflächen dann zusammengeschraubt. Die Segmente werden vorgebohrt mit einer Bohrschablone, die auch im Land selber hergestellt wurde. Diese Bohrungen sind sehr entscheidend für die Form des Spiegels, sollten also sehr genau sein. Die geben die eigentliche Form vor, der Rahmen gibt nur die Stabilität.

Wir nehmen hochglanzgewalztes Aluminiumblech. Das ist nicht poliert, dieses Aluminium, sondern so hochverdichtet, daß es reflektiert - auf ca. 90%.
Soweit ich weiß, gibt es das nur in Saudi Arabien - als nächstliegendes Land. Es gibt verschiedene Hersteller - Krupp stellt das auch noch her.

Es ist auch ein Hersteller auf dem Markt, der hat die Bleche kratzfest beschichtet. Sie kosten aber fast das Doppelte. Es ist die Frage, ob sich das lohnt. Nach meiner Meinung ist das Verkratzen der Spiegelfläche gar nicht das große Problem. Viel größer ist das Problem der Verbeulung - weil dann der Focus nicht mehr stimmt. Beim Verkratzen lässt die Leistung etwas nach, was nicht ganz so schlimm ist.

Der Spiegel wird auf den Spiegelrahmen fixiert - genietet oder mit Draht festgemacht - wie man das möchte. Dann wird das Grundgestell gebaut, was dann sehr einfach ist. Dann kommt die Klemme, um die Gabel zu klemmen, um die sich die Spiegelrahmen dann schwenken. Da gibt es anscheinend Probleme, weil die Schraube immer durchdreht. Da müsste also noch was geändert werden.

Dann benötigt man noch eine Vorrichtung, um den Spiegel auf die richtige Entfernung aufzuklappen. In Burkina Faso wird eine Kette, anstelle eines Stahlseils angesetzt.

Die Spiegelflächen können ganz normal gereinigt werden. Erst Wasser drüberlaufen lassen, damit der Sand runter ist und das nicht so verkratzt. Das wird sehr akribisch betrieben, selbst wenn es nicht nötig ist. Die Leute haben ein Händchen dafür.

Zur Kostenaufstellung für das Material in Burkina: Die Materialien, die man in Burkina selber erhält kosteten 49 DM. Das sind ungefähr 17 000 Francs CFA.

Es ist natürlich so angedacht, daß jeder dieses Kochsystem fertigen kann. Deswegen machen wir Schulungen in verschiedenen Ländern. Wir wünschen uns, dass die solaren Kochsysteme zum Selbstläufer werden. Ich glaube, anfangs muss man sehr auf die Qualität achten.

Wir haben auch eine Homepage für den Solarkocher gemacht: www.solar-papillon.com. Dort findet man eine kurze Erklärung zur Entwicklung dieses Kochsystems, Adressen, die sich mit dem Papillon beschäftigen und Adressen, wo wir den Kocher bisher fertigten. Man hat also da ein Informationsforum.

Das Endprodukt

Am Ende dieser ganzen Geschichte stand ein Bausatz, den wir mit der "Lebenshilfe" in Bad Kreuznach fertigen lassen - von behinderten Kindern. Ein Bausatz deswegen, weil wir es für wichtig halten, daß erstmal ein System ins Land geschickt wird, um es im Land dann auf Akzeptanz zu testen.
Ich halte gar nichts davon, sofort ins Land zu gehen und dort Schulungen zu machen und sehr viel Geld rauszuschmeissen. Hinterher stellt sich vielleicht heraus, dass das doch nicht das richtige System für diese Leute ist.

Deshalb der Bausatz - dass man den hinschicken kann und erstmal Erfahrungen sammeln kann. Wie ist die Akzeptanz, wie sind die lokalen Begebenheiten?
Der Bausatz kostet 590 Euro, bei der Herstellung in Deutschland. In Burkina hergestellt kostet der 175 Euro.
In Deutschland sind halt die Lohnnebenkosten sehr hoch. Wir sind schon froh, daß die "Lebenshilfe" das so günstig machen kann.

Der Papillon ist komplett aus Edelstahl gefertigt, bis auf das Aluminiumblech natürlich. Das ist günstiger, als das ganze System hinterher noch zu verzinken oder zu streichen.

Frage: Wie dick sind die Bleche?

Jochen Dessel: Die Bleche sind 0,4 mm. Die werden auch für den Schefflerspiegel und für den SK 14 genommen.

Frage: Kann die Herstellung des Papillons von einzelnen Handwerkern übernommen und in Eigenregie weitergeführt werden?

Jochen Dessel: Auf jeden Fall. Erstmal muss das System natürlich von den Leuten benutzt werden - das ist die größte Schwelle. Die Fertigung hinterher ist das allerwenigste Problem. Das kann man ohne Probleme bewerkstelligen.

Als ich 2002 das letzte Mal in Burkina war, habe ich eine Frau getroffen, die von einer französischen Organisation einen Papillon geschenkt bekommen hatte. Diese Frau hatte sich wirklich mit Solarkochsystemen auseinandergesetzt - aber ihr war das alles trotzdem noch zu teuer und zu neu gewesen. Als sie aber den Papillon gespendet bekommen hatte, hat sie angefangen, drauf zu kochen. Das macht sie jetzt schon seit einem Jahr. Neulich hat sie mir gesagt, sie wäre inzwischen auch bereit, ein Kochsystem zu kaufen - über ein Kreditsystem. Das finde ich eine ganz erfreuliche Nachricht.

Es gibt noch das Problem der Verbreitung und der Akzeptanz. Die Leute wissen eben noch nicht genau, was das überhaupt ist, für das sie ihr Geld ausgeben sollen. Ob das überhaupt richtig funktioniert.

Frage: Welche Topfgröße passt in den Papillon rein?

Jochen Dessel: Die maximale Größe ist in diesem Fall durch den Topfring begrenzt. Da kommen Reduzierstücke rein für die kleineren Töpfe.

Frage: Ist es auch angedacht, damit heiße Luft zu machen?

Jochen Dessel: Nein. Man kann das natürlich ausprobieren. Man kann die thermische Energie, die entsteht für alles mögliche benutzen. Aber da geht man besser auf andere Systeme - auf Lufttrockner oder Parabolrinnensysteme, wo man Luft erhitzt. Ich glaube, das ist nicht das richtige System dafür.

Jedes System muss ja auf seine Anwendung hin angepasst werden. Es gibt nicht das System, das überall hinpasst. Deswegen ist es gut, daß es viele verschiedene Systeme gibt, die man den verschiedenen Begebenheiten anpassen kann.

Frage: Kann man auch Crêpes machen?

Jochen Dessel: Es lassen sich, wie beim Schefflerspiegel, auf einer Stahlplatte sehr schön Crêpes machen.
Wir haben ohne Probleme 500 Grad gemessen. Eine 30x30 und 2 cm dicke Stahlplatte kann man über 200 Grad aufheizen, bei kontinuierlicher Sonnenstrahlung. Da konnte man sehr schön Pfannkuchen oder Crepes drauf machen.

Frage: Eignen sich diese Modelle auch für Europa? Und wie sind da die Erfahrungen im Vergleich zu den Boxkochern?

Jochen Dessel: Selbstverständlich lässt sich das System überall einsetzen, wo die Sonne scheint. An einem schönen Wintertag, der besonders klar ist, kann man hervorragend damit kochen.
Problematisch wird es immer, wenn der Sonnenstand etwas niedriger ist - viel niedriger als in Westafrika. Dann müssen die Spiegel sehr weit geklappt werden, weil dann schon ein Teil der Energie von der Seite kommt. Wenn man dann eine schmale Pfanne drin hat, dann wird die schon sehr stark von der Seite beschienen. Es funktioniert aber auf jeden Fall und mit dem Topf ist es gar kein Problem.

Frage: Wie schnell muss man dem Sonnenstand nachführen?

Jochen Dessel: Das Gerät wird ja zweiachsig nachgeführt. Einmal durch das Bewegen des gesamten Rundgestells und zum anderen durch das Drehen der Gabel. Aufgrund seiner etwas größeren Brennweite - dieses System hat 600 mm Brennweite - muss man den natürlich häufiger nachführen als den SK 14 - der 280 mm Brennweite hat. Ganz konkret sollte man alle 10-15 Minuten nachführen, um den Focus zu halten.

Frage: Im Vergleich zum Boxkocher, den man ja gar nicht nachführen muss?!

Jochen Dessel: Das ist halt bei dieser Art konzentrierenden System nicht möglich - nur bei den Schefflerspiegeln, die automatisch der Erddrehung hinterherlaufen..

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.