Solarenergie für Afrika

Konferenz in Düsseldorf vom 4.-6. September 2003

Solares Kühlen



Mein Name ist Michael Andres. Ich beschäftige mich schon seit längerem mit der Solarthermie, vom kleinsten einfachen Solarkollektor bis zu solarthermischen Kraftwerken. Die Photovoltaik ist nicht mein Arbeitsgebiet.

Ich versuche, hier das Schema einer normalen Kompressionskälteanlage anzuzeichnen.
So arbeitet übrigens auch fast jeder marktgängige Kühlschrank. Es handelt sich hier um eine sog. Kompressionskältemaschine.
Es gibt drei verschiedene Arten von Kältemaschinen. A) die Kompressionskältemaschinen (KKM), B) die Absorptionskältemaschinen (AKM) und C) die Adsorptionskältemaschinen (AdKM).

Doch zurück zur KKM. Bei einer niedrigen Temperatur und einem entsprechendem Druck im Verdampfer ( V in Skizze A ) wird ein Kältemittel unter Aufnahme von Wärme ( q0 in Skizze A ) aus dem zu kühlenden Raum ohne Druckänderung verdampft. Im Verdichter ( V in Skizze A ) wird dieser Kältemitteldampf mit einem Arbeitsaufwand auf einen höheren Druck verdichtet und sodann im Kondensator ( K in Skizze A ) bei einer höheren Temperatur aber ohne Druckänderung verflüssigt.
Diese Kondensationswärme ( q in Skizze A ) wird durch ein Kühlmittel abgeführt.
Wenn Sie sich mal zu Hause Ihren Kühlschrank anschauen: Der Kondensator ist die Kühlschlange die sich hinten am Gerät befindet. Da wird die Wärme, die aus dem Raum wo sie stört, aus dem Kühlschrank, herausgezogen wird und an den Raum abgegeben wird wo sie nicht stört, nämlich in den Aufstellungs-raum des Kühlschranks. Im Prinzip heizen sie also mit dem Kühlschrank ihre Küche. Jedes Kühlaggregat gibt Wärme ab. Der Kondensator hinten am Kühlschrank wird warm. So schließt sich der Kreislauf wieder.
Wir benötigen also für eine KKM einen Verdampfer, einen Verdichter und einen Kondensator.

Und wo bleibt denn jetzt eigentlich der Strom?

Wir brauchen ihn für den Verdichter wo der Kältemitteldampf mit einem Arbeitsaufwand verdichtet wird, und nur dieser Verdichter arbeitet mit Strom. Das ist ein normaler Motor, der bei uns halt mit Strom betrieben wird. Meistens handelt es sich um einen Wechselstrommotor.
Warum wird der mit Strom betrieben? Genau aus dem Grunde, den Herr Dr. Scheer heute morgen angesprochen hat: Weil Strom bei uns halt einfach da ist!
Darum ist es eine selbstverständliche Geschichte, weshalb wir Kühlschränke mit Strom betreiben. Bei uns ist Strom überall erreichbar.
Da wir uns hier mit solarer Kühlung beschäftigen kann dieser Strom natürlich auch durch eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) produziert werden. Da PV-Anlagen jedoch Gleichstrom produzieren empfiehlt sich natürlich ein Gleichstromverdichter.
Auch an Gasmotoren wird heute für die Arbeitsenergie gearbeitet.
Wenn Sie also Gasanschluss im Haus haben (theoretisch geht auch eine kleine Biogasanlage), können Sie sich einen solchen Kühlschrank anschließen. Es gibt in Europa bereits serienmäßig gebaute und gasbetriebene Kühlschränke. Wichtig ist: Womit der Verdichter angetrieben wird, ist erst einmal vollkommen egal.
Hauptsache es ist eine Maschine die eine Drehbewegung ausübt und damit dieses Verdichtungsprinzip hervorbringt.
Noch etwas: Wir haben oben von Kältemittel gesprochen. Diese Mittel sind Produkte der chemischen Industrie die teilweise sehr umweltschädigend und/oder giftig sind wenn sie freigesetzt werden also in die Umwelt gelangen. Aus diesem Grund sind z. B. Kühlschränke die nach dem KKM-Prinzip arbeiten bei der Entsorgung Sondermüll.

Wir wollen aber nun nach ein Kühlprinzip suchen wo wir fast ohne Arbeitsenergie die durch einen Motor bereitgestellt wird auskommen.
Ich rede ja heute nicht nur über den Kühlschrank sondern es geht auch um Kältemaschinen, die beispielsweise in einem großen Kühllager in einer Hafenstadt stehen. Da aber immer bei Kühlverfahren mit Dampf und/oder Flüssigkeiten gearbeitet wird sind auch Pumpen unerlässlich. Hier werden wir immer
Fremdenergie benötigen. Aber für diese Fremdenergie gibt es Alternativen zum elektrischen Strom z. B. Biomasseanlagen.

Die zwei Systeme, die einen etwas anderen Weg einschlagen, sind also die sog. Absorbtionskältemaschinen (AKM) und die sog. Adsorbtionskältemaschinen (AdKM), wobei ich persönlich die Letztere noch interessanter finde als die Erste.

Wie ist eine AKM (Skizze B) aufgebaut?

Dazu muss ich Ihnen sagen, dass diese immer mit zwei Medien arbeiten. Diese zwei Medien sind immer ein Kälte- und ein Lösungsmittel.
Die Stoffpaare, die sich in der Vergangenheit als ideal herauskristallisiert haben sind auch ziemlich ungefährlich für Mensch und Natur. Sie sind die Paare Wasser als Kältemittel und Lithiumbromit als Lösungsmittel (H2O/LiBr).
Diese Stoffkombination wenden wir an wenn nicht allzu niedrige Temperaturen erreicht werden müssen. Denken Sie an ein Lagerhaus für Frühkartoffeln. Hierfür werden keine -18 Grad benötigt. Oder denken Sie an ein Krankenhaus, das wir klimatisieren sollten.Da genügt also diese Kombination.
Die zweite Stoffkombination besteht aus dem Kältemittel Ammoniak und dem Lösungsmittel Wasser. (NH3/H2O) Wir haben es hier im Gegensatz zu den in normal erhältlichen KKM gebräuchlichen Kühlmitteln mit relativ harmlosen Stoffen zu tun.

Und wie ist nun die Funktionsweise einer AKM?

Bei der AKM kommt anstelle eines mechanischen Verdichters, wofür wir den Strom aus der Steckdose oder der PV-Anlage benötigen, ein sog. thermisch angetriebener. Er arbeitet nach dem Prinzip, dass sich das Lösungsverhältnis zweier Arbeitsstoffe ändert.
Aus dem Kältemittel wird mit einem Lösungsmittel die Wärme herausgeholt. Es ist der Vorgang der bei der KKM über den Verdichter und den sog. Kondensator abläuft.
Der Anfang ist genau der Gleiche: Sie haben wieder einen Verdampfer. Das Ganze geht aber nicht weiter in den Verdichter, sondern in einen sog. Absorber. Der hat aber nichts mit dem normalen Solarabsorber zu tun. An dieser Stelle absorbieren wir die Wärme aus dem Kühlmittel heraus. Der Absorber ist in der Skizze B rechts unten zu sehen.
J etzt kommt unser solarthermisch erhitztes Wasser zum Einsatz. Ein sog. Kocher. Dieser Kocher ist das Herzstück und der kann mit heißem Wasser betrieben werden. Ich brauche also keinen Strom um diese Anlage laufen zu lassen sondern nur heißes Wasser.
Jetzt geht der Vorgang mit dem Kondensator weiter wie wir schon bei der KKM gesehen haben.
Das ist jetzt, sehr oberflächlich, das Prinzip. In Wirklichkeit stecken da ziemlich komplizierte physikalische Vorgänge dahinter.

Für uns hier und heute ist wichtig zu wissen: Wenn wir von Kühl- oder Kälteanlagen sprechen, brauchen wir in der Regel Strom, wenn es sich um eine KKM handelt.
Sie brauchen aber für eine vernünftige Kühlung nicht unbedingt Strom, wenn Sie das Absorbtionsprinzip anwenden, indem Sie einfach mit warmem Wasser arbeiten - in diesem Kocher. Den brauchen wir, um das Mittel auszutreiben.
Eine AKM hat noch andere Vorteile gegenüber einer KKM. Sie hat ja keinen Kompressor und läuft deshalb viel leiser und es entsteht keinerlei Vibration.
Der zweite große Vorteil ist dass diese Anlagen relativ verschleißfrei sind. Es gibt kaum Teile in einer AKM die sich irgendwie bewegen.
Bis auf eine kleine Pumpe. Dies habe ich vorhin unterschlagen. Auch hier ist eine Pumpe im Einsatz die natürlich auch kaputt gehen kann.
Sie werden sagen: „Diese kleine Pumpe muss ich doch wieder mit Strom betreiben!“ Richtig. Die arbeitet aber mit einer so geringen Leistung, dass ein relativ kleines PV-Modul völlig ausreicht, um sie zu betreiben.
Die größten Anlagen der Welt, die nach diesem Prinzip arbeiten, laufen in Indonesien. Indonesien ist ein sehr heißes Land. Ein Land, das natürlich landwirtschaftlich geprägt ist, viel Fischereiprodukte hat - und viele tausend Inseln.
Und da ist es natürlich immer ein Transportproblem, etwas von der einen Insel zur anderen zu bringen.
Eine gut funktionierende Infrastruktur mit Strom gibt es auch nicht.

Man hat sich Gedanken gemacht, wie man die Situation der Landbevölkerung durch Kühlung ihrer Produkte verbessern kann und hat das AKM-Prinzip angewandt und das warme Wasser für den Kocher kommt aus normalen Sonnenkollektoren.
Noch ein Argument, weshalb man die Solarenergie einsetzen sollte zum Kühlen: Wenn wir hier in Europa von Solarenergie sprechen meinen wir die zur thermischen Brauchwasserbereitung oder zum Heizen benötigte Energie. Da entsteht aber das Problem, dass der größte Anfall von Sonnenenergie und die Heizperiode bei uns zeitlich total auseinanderfallen.
Die Energie fällt nie dann an, wenn wir sie brauchen. Im Gegenteil wir haben im Sommer tagsüber viel Solarenergie und wir haben im Winter, wenn wir sie brauchen, davon zu wenig. Beim Kühlen trifft das genau zusammen. Wir brauchen nämlich dann die Energie, wenn ich sie auch am meisten anfällt.
Unser Problem hier in Europa mit der Solarenergie ist, dass es uns noch nicht gelungen ist, das Speicherproblem zu lösen. Wer das Problem des Speicherns von Energie lösen kann, der wird der Menschheit den größten Nutzen bringen, den jemals ein Mensch der Menschheit gebracht hat. Denn das wirtschaftlich vertretbare speichern von Energie ist unser Problem.

Frage: Kann nicht die Biomasse auch dieses Problem lösen?

Michael Andres: Mit Biomasse kann man das Problem sehr wahrscheinlich lösen, mit Biomasse und Sonnenenergie.
Biomasse ist ja nichts anderes als gespeicherte Sonnenenergie.

Frage: Können nicht auch Akkus das Problem lösen?

Michael Andres: Akkus sind unzuverlässig. Es geht Ihnen immer unheimlich viel Energie verloren, egal in welches technische Speichermedium Sie diese einbringen.
Man arbeitet in Skandinavien mit riesigen Kavernenspeichern von hunderttausenden von Litern Wasser. Aber es ist im Prinzip alles unvollkommen. Die Wärme, die im Sommer entstanden ist, kann niemals über den gesamten Winter gerettet werden.
In unserem Fall entsteht dieses Problem ja gar nicht. Sie brauchen ja die Energie, wenn es am heißesten ist um zu kühlen
Es ist in unsere Köpfe noch gar nicht eingedrungen, dass die Solarenergie für das Kühlen doch viel idealer ist als zum Heizen. Zum Heizen würde ich persönlich eher auf Biomasse setzen. Aber das nur am Rande.
Dann gibt es noch ein drittes System, das ich persönlich für Afrika am interessantesten finde. Dies verwendet Adsorbtionskältemaschinen. (AdKM)

Wir haben es bisher immer mit Flüssigkeiten zu tun gehabt. Jetzt arbeiten wir aber mit einem Feststoff. Es gibt zwei Stoffe die Sie dafür verwenden können. Das ist einmal das Silicagel und dann das Zeolith.
Die Stoffe sind zwar nicht so verbreitet wie Silicium, aber überall erhältlich und es dürfte auch kein großes Problem darstellen, sie in Afrika zu bekommen besonders Zeolith
Dieses Prinzip der Adsorption arbeitet ähnlich wie unser oben vorgestelltes Absorbtionsprinzip. Am Anfang geht es auch hier nur über eine Flüssigkeit. Also bleibt bis zum Verdampfer alles wie gehabt. Dann kommt dieser Dampf in einen Adsorber, indem sich keine Flüssigkeit befindet, sondern ein Feststoff entweder Zeolith oder Silicagel. (Skizze C) hier wird der Kühlmitteldampf im Feststoff gebunden.
Irgendwann jedoch ist der Sättigungsgrad der Stoffe erreicht. Und diesen Sättigungsgrad müssen wir irgendwann wieder austreiben. Das geschieht mit warmem Wasser im sog. Desorber. (in Skizze C rechts oben) und das warme Wasser bereiten wir in einer thermischen Solaranlage.
Dann haben wir hier den Kondensator (in Skizze C links oben) und das Prinzip schließt sich wieder.
Eine solche Anlage lässt sich einfach bauen, dass Sie damit im Prinzip einen kleinen Kühlschrank in jedem afrikanischen Dorf betreiben können.

Es gibt mittlerweile diese Technik, entwickelt von der EG-Solar, Herrn Zech. Es wurde eine kleine Kühlbox herausgebracht, die ursprünglich konzipiert wurde zum Versand von Medikamenten über Land.
Man stellt einen Behälter mit dem Zeolith in einen Verdampfer. In dem Verdampfer befindet sich nichts anderes als als Kältemittel Wasser. Dann nimmt man eine kleine Handvakuumpumpe und Sie sehen, es ist alles ganz einfach gehalten Sie arbeiten nur händisch, und setzen den Druck herunter. Wenn Sie das Vakuum immer höher bringen, fängt das Wasser irgendwann an zu sieden. Das kocht! Das Wasser kocht bei einer Außentemperatur von z.B. 20 Grad - weil sie es heruntergesetzt haben mit dieser Pumpe und Dampf dringt jetzt in das Zeolith ein, und das Zeolith saugt sich mit dem Dampf voll.
Irgendwann, wie gesagt, ist der Sättigungsgrad erreicht. Man nimmt jetzt diesen gesättigten Behälter und stellt ihn in einen Solarkocher und dampft damit die Flüssigkeit wieder raus. Einfacher geht es nicht!
Sie haben nur ein Problem dabei: In dem Moment der Ausdampfphase kann der Adsorber (in Skizze C unten rechts) nicht mehr das Zeolith sättigen, weil in diesem Fall der gesamte Behälter in den Desorber (in Skizze D oben rechts) gestellt wird d.h. der eigentliche Kühlprozess ist unterbrochen. Das läßt sich aber ganz einfach überbrücken, indem Sie einen zweiten Zeolithbehälter in den Adsorber (in Skizze C unten rechts) stellen.
Man kann so zu einen fast kontinuierlichen Ablauf kommen, mit einem Kühlschrank, der ganz einfach gebaut, in jedem normalen afrikanischen Dorf stehen könnte.

Das war jetzt nur ein sehr kleiner Anriss - man könnte noch stundenlang weitererzählen.
Wenn Sie sich auf der Konferenz umschauen, sehen Sie dass zwei Sterlingmotoren hier ausgestellt sind. Lassen Sie mal einfach einen Sterlingmotor verkehrt herum laufen - und es ist ein Kühlaggregat!

Es gibt also viele viele Möglichkeiten mit Sonnenenergie zu kühlen die uns Europäern, Amerikanern, Japanern usw. nie aufgefallen sind – und die wir auch nie gebraucht haben.
Wozu auch? Strom war doch da. Warum sollten wir eingefahrene Wege verlassen? Sie aber müssen eingefahrene Wege verlassen. Tun Sie es!
Ich bedanke mich.

Frage: Woher kann man das praktische Wissen beziehen? Geben Sie auch Kurse?

Michael Andres: Wir haben im Vorfeld der Solarenergiekonferenz eine ganz einfache thermische Solaranlage gebaut, die auch draußen steht. Und der nächste Schritt, den mir machen wollen ist einen einfachen Kühlschrank zu konzipieren.
Jeder ist herzlich eingeladen, an diesen Seminaren teilzunehmen.
Veranstalter ist das Netzwerk afrikanischer Vereine und wen es interessiert: Für Vorträge oder Ausstellungen kann mich jeder „mieten“.