But most people still fail to realize that, in some areas, solar cooking may soon constitute one of the few remaining options for preparing a hot meal.
Kuhnke et al. 1990
Die Titelfrage wird im Normalfall Gegenfragen hervorrufen: akzeptabel für wen? Lässt sich die Frage überhaupt allgemein beantworten, oder muss stärker differenziert werden? Welche Bevölkerungsgruppe verbraucht das meiste Holz? Welche leidet am stärksten unter dem Auftrieb der Preise für Holz bzw. Ersatzenergieträger?
Wer in den Sahelländern unterwegs ist, kann die Holzstapel am Wegrand und die mit Holz beladenen Fahrzeuge, die ihre Fracht in die Städte transportieren, nicht übersehen. Die Tatsache, dass das Holz auf dem Lande gesammelt bzw. eingeschlagen wird, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Verbrauch überwiegend in den Städten stattfindet, und das mit steigender Tendenz. Soweit es in vorkolonialer und kolonialer Zeit afrikanische Städte gab, waren diese wohl schon immer große Holzverbraucher. Wara, die alte Hauptstadt des Wadaï im Tschad, war zur Zeit der Gründung vor ca. 300 Jahren von dichtem Busch umgeben und konnte teilweise mit gebrannten Ziegeln erbaut werden. Der Brennstoff war Holz. Heute ist dort Wüste. Ähnliches vollzieht sich weiterhin in der Umgebung großer Städte im Sahel.
Die Verstädterung in den Sahelländern hat mit der Modernisierung stark zugenommen. Nach dem neuen Bericht der UN-Organisation für menschliche Siedlungen [UNCHS 2001] besteht ein Zusammenhang zwischen Verstädterung und Globalisierung: "Der Bericht argumentiert, dass Globalisierung und Verstädterung ‚symbiotisch' zusammenhängen: die Charakteristiken von Städten formen und fördern die Globalisierung". Zwar wird heute wohl kein Holz mehr zum Brennen von Ziegeln verwendet, aber der Bedarf an Feuerholz ist stark gestiegen und wird weiter steigen.
Die Landbevölkerung selbst verbraucht nur wenig Holz. Die Landfrauen kochen, anders als die Städterinnen, nur einmal am Tag. Dabei werden anstelle von Holz wenn möglich Hirse- und Maisstängel verwendet. Der Holzverbrauch der Städter fällt wesentlich stärker ins Gewicht. Minvielle [1999, 156] sieht daher eine drohende "Energiehungersnot" in den Ländern des Sahel heraufziehen. Für die besondere Rolle der städtischen bzw. halbstädtischen Bevölkerung beim Holzverbrauch sind folgende Gründe maßgebend:
Dieser letztere Punkt ist besonders wichtig. So nehmen Cour und Snrech [OECD/Club du Sahel 1998] in ihrer "Studie West African Long Term Prospective Study" für den Zeitraum 1990-2020 einen jährlichen Zuwachs der ländlichen Bevölkerung von 1,14 %, der Gesamtbevölkerung von 2,13 %, aber der städtischen von 4,28 % als wahrscheinlich an. Dabei werden alle Orte mit mehr als 5.000 Einwohnern als Stadt angesehen. Unter dieser Voraussetzung wird für das Jahr 2020 für Burkina Faso ein Verstädterungsgrad von 42 % (entsprechend 6.872.000 Städtern bei 16.337.000 Gesamtbevölkerung) vorausgesagt, für die gesamte Region Westafrika insgesamt sogar etwa 60 %. Dies hat wichtige Konsequenzen für die Bedarfsdeckung und den Preis beim Brennholz.
Samir Amous [FAO, ohne Jahr] stellt in seiner Studie über die Rolle des Holzes als Energieträger in Afrika fest: "Der Brennholzverbrauch trägt erheblich zum Gesamtverbrauch bei. Er beträgt etwa 92 % des gesamten afrikanischen Holzverbrauchs und ist an der an der Emission von klimawirksamen Gasen beteiligt". Mit der Urbanisierung nimmt in Westafrika allgemein auch der Anteil der Holzkohle zu. Sie lässt sich leichter transportieren und brennt ohne Rauch. Samir Amous schreibt in dem obg. Dokument der FAO: "Während Brennholz traditionell den größten Teil des afrikanischen Brennstoffverbrauches ausmachte, werden die sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen im Zusammenhang mit der Urbanisierung zu einer Verlagerung auf Holzkohle führen und damit deren Bedeutung in Bezug auf Energie, Umwelt, Wirtschaft und Soziales in Zukunft steigern". Die Regierung von Burkina Faso geht von einem jährlichen Zuwachs des Brennholzverbrauchs von 2,76%, des Holzkohleverbrauchs von 5,5% aus (Bericht bei der 9.Sitzung der UN-Kommission für Nachhaltige Entwicklung, Juli 2001).
Diesen ökologischen Negativposten der Verstädterung stehen aber auch Möglichkeiten einer Umsteuerung gegenüber:
Das permanente Handelsbilanzdefizit erlaubt kaum den Import von kommerziellen Energieträgern. Auch infolge der Armut der Bevölkerung scheiden kommerzielle Energieträger wie Gas, Kerosin oder Ethanol-Gel für den Verbrauch in den Haushalten faktisch aus. So kostet z.B. die Füllung einer Gasflasche, die für ca. 3 Wochen ausreicht, 4.000 FCFA. Die Armutsgrenze liegt offiziell bei einem Jahreseinkommen von 72.690 FCFA. 45 % der Bevölkerung leben unterhalb dieser Grenze. Solarkocher sind in der Lage nicht nur Energie zum Kochen zu liefern, sondern auch die Verletzlichkeit (vulnerability) der Armen gegenüber Fluktuationen und Preissteigerungen zu begrenzen. Die Solarkocher nutzen sich nicht ab; sie sind das Äquivalent eines Guthabens (asset).
Obwohl das solare Kochen einen Ausweg aus diesem ökologischen und sozioökonomischen Dilemma bietet, wird es in Deutschland totgeredet. Beispiele sind Hankins [1996] und Sauer [2000, siehe dazu meinen Leserbrief in epd-EP 6/2000, 53]. Die Argumentationskette scheint zu lauten: die solaren Kocher taugen nichts, und wenn sie doch etwas taugen, werden sie von der Bevölkerung nicht angenommen, und wenn sie doch angenommen werden wie in Tibet - so Sauer - handele es sich um einen Sonderfall, den man nicht verallgemeinern dürfe. Die Ursachen der bisher geringen Verbreitung von Solarkochern werden entsprechend der Traditionalismushypothese "weniger im technischen als im soziokulturellen, sozioökonomischen und psychosozialen Bereich" gesucht. Nach Berliner Ethnologen Elwert [1983] ist die Traditionalismus-Hypothese jedoch nur "die Leuchte zu einem Holzweg".
Die eingangs gestellte Fragen lassen sich wie folgt beantworten: eine Antwort ohne Differenzierung zwischen Stadt und Land ist nicht sinnvoll. Der moderne städtische bzw. halbstädtische Sektor der Bevölkerung - z.B. in Gaoua - steht dem Einsatz der Sonnenenergie für Kochzwecke aufgeschlossen gegenüber, denn sie spürt den Anstieg der Holzpreise am stärksten. Die Landbevölkerung kann sich Solarkocher nicht leisten, hat aber auch nur geringen Anteil an der Übernutzung der Holzvorräte.
In einem Beitrag mit der Überschrift "Eitel Sonnenschein. Nachhaltig ignorant: Der Solarkocher im Einsatz" schreibt Mark Hankins [1996], dass nur Einheimische die Verbreitung neuer Technologien leisten könnten. Daran ist richtig, dass Personen bei der Einführung einer neuen Technik eine größere Rolle spielen als Programme und Absichten. In dieser Form führt Hankins' Antwort aber in eine Endlosschleife und somit in eine logische Falle. Wie sollen die Einheimischen technisches Wissen der Weißen weitergeben, wenn sie es nicht zuvor von diesen übernommen zu haben? Fruchtbarer ist der Begriff der kulturellen Hybridisierung.
Arturo Escobar [1995, 97], der die "Entwicklungsindustrie" heftig kritisiert, spricht von einer kontrapunktischen Beziehung zwischen in der Entwicklungshilfe. In dieser kontrapunktischen oder "hybriden" Beziehung müssen sich die Geber zurücknehmen. "Gute Praxis bedeutet: geringere Bereitschaft zur Einmischung seitens der Geber weniger (less donor intrusiveness)", schreibt J.-D. Naudet und stellt fest [2000, 87]: "Erfahrungsgeleitetes Handeln als Leitlinie bzw. ‚trial and error' sind besser als die sorgfältigste Analyse zu Anfang". Allerdings sind Zweifel angebracht, ob die "Entwicklungsindustrie" willens und in der Lage ist, sich zurückzunehmen. Sie müsste gegen ihre eigenen Interessen handeln. Das ist sicher nicht zu erwarten.
Dennoch: der Gedanke einer kulturellen Hybridisierung hat viel für sich, speziell wenn es um die Nutzung alternativer Techniken geht. Die Schwierigkeit besteht darin, die wirtschaftlichen und technischen Gesichtspunkte in die lokalen sozialen Zusammenhänge einzubinden [Latouche 1998, 189 ff]. Das erfordert eine gewisse Unabhängigkeit vom Weltmarkt. Escobar [1995, 19] äußert sich ähnlich: "Ich vertrete den Standpunkt, dass - statt nach großen alternativen Modellen und Strategien zu suchen - es vielmehr darauf ankommt, alternative Vorstellungen und Praktiken in konkreten örtlichen Zusammenhängen zu untersuchen, insbesondere in Situationen von Hybridisierung, gemeinschaftlicher Aktion und politischer Mobilisierung".
In einem solchen "konkreten lokalen Zusammenhang", wenn auch in bescheidenem Rahmen, arbeiten burkinische und deutsche Gruppen gemeinsam an der Verbreitung solaren Kochens. Fünf Gruppen sind beteiligt: in Burkina Faso die Frauenorganisation "Association pour la Promotion des Femmes de Gaoua", der Hersteller "Association pour la Promotion et l'exploitation de l'Énergie Solaire" sowie in Deutschland die Vereine Solar ‚Global e.V.' (Jülich) und ‚Sonnenenergie für Westafrika' (Ettlingen) und Bio, Sonne, Wasser, Wind' (Bingen). Gelingt diese Art der Zusammenarbeit und gewinnt sie Modellcharakter, dann besteht auch etwas mehr Hoffnung auf das Erreichen von "struktureller Stabilität" wie sie von den Autoren des Memorandums deutscher Wissenschaftler vom Herbst 2000 zur Neubegründung der deutschen Afrikapolitik gefordert wird. Diese wäre ein Beitrag zu einer Antwort auf den "steigenden Präventionsbedarf" im politischen Bereich, den das Memorandum im Falle Burkina Faso feststellt.